Israel intensiviert Attacken auf seine Feinde
30. September 2024Die USA und Saudi-Arabien haben vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten gewarnt. Auf die Frage von Reportern, ob ein umfassender Krieg in der Region noch vermieden werden könne, antwortete US-Präsident Joe Biden: "Das muss er. Er muss wirklich vermieden werden." Er wolle mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu reden, kündigte Biden an. Die saudische Führung appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, "ihrer Verantwortung für den Schutz des Friedens und der Sicherheit in der Region gerecht zu werden, um der Region und ihrer Bevölkerung die Gefahren und Tragödien von Kriegen zu ersparen". Die Entwicklungen im Libanon verfolge man "mit großer Sorge", so das Außenministerium in Riad.
Trotz des Todes ihres Chefs Hassan Nasrallah und fast der gesamten oberen Führungsebene verfüge die pro-iranische Hisbollah im Libanon immer noch über Tausende von erfahrenen Kämpfern und ein umfangreiches Waffenarsenal, betonen Experten. Die Hisbollah könne es gar nicht abwarten, dass Israel mit Bodentruppen im Südlibanon einmarschiere, zitiert das "Wall Street Journal" (WSJ) eine frühere israelische Abgeordnete und heutige Mitarbeiterin der Denkfabrik "Atlantic Council". Eine israelische Bodenoffensive könnte der Hisbollah helfen, sich wieder "aus der Asche" zu erheben und breite Unterstützung in der libanesischen Gesellschaft wiederzugewinnen.
Israels Befehlshaber seien sich zwar der Gefahr von Bodenkämpfen bewusst, berichtet das WSJ. Das politische Problem bestehe jedoch darin, dass Israels erklärtes Kriegsziel - die Rückkehr von 60.000 Israelis, die durch Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben wurden - mit Luftschlägen allein kaum zu erreichen sei.
Hamas- und PFLP-Akteure im Fadenkreuz
Bei neuen israelischen Angriffen im Libanon wurde nach Angaben der radikalislamischen Hamas ihr wichtigster Vertreter in dem Land getötet. Fatah Scharif Abu al-Amin sei gemeinsam mit weiteren Familienmitgliedern in seinem Wohnort nahe Tyros umgekommen, erklärte die Hamas. Sie wird von Israel, den USA, Deutschland und etlichen anderen Staaten als Terrororganisation eingestuft. Das beispiellose Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober 2023 hatte den Gaza-Krieg ausgelöst. Noch immer hält die Hamas zahlreiche aus Israel entführte Menschen als Geiseln fest.
Vor der jüngsten Erklärung der Hamas hatte die sogenannte Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) mitgeteilt, drei ihrer Mitglieder seien bei einem israelischen Angriff in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden. Unter den Toten befindet sich demnach auch der PFLP-Militärkommandeur im Libanon. Die PFLP wird vom Westen ebenfalls als Terrororganisation betrachtet.
Es war der erste israelische Angriff auf das Zentrum Beiruts seit Beginn des Gaza-Kriegs. In den vergangenen Tagen hatte Israel vor allem Ziele der Hisbollah in deren Hochburgen in südlichen Vororten von Beirut ins Visier genommen. Dabei war am Freitag auch Nasrallah getötet worden. Wer seine Nachfolge antritt, ist noch unklar.
Insgesamt kamen in den beiden vergangenen Wochen im Libanon laut Medienberichten Hunderte Menschen ums Leben. In Israel sei im gleichen Zeitraum niemand getötet worden, heißt es. Angesichts der Kämpfe seien schon rund 100.000 Menschen vom Libanon nach Syrien geflohen, schrieb UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi im Onlinedienst X. Der Flüchtlingsstrom dauere weiter an.
Auch weit entfernter Jemen unter Beschuss
Am Sonntag hatten israelische Kampfflugzeuge auch Ziele im rund 1800 Kilometer entfernten Jemen attackiert. Der großangelegte Einsatz habe Einrichtungen des "Huthi-Terrorregimes" in den Gebieten Ras Isa und Hudaida gegolten, teilte die Armee mit.
Angegriffen wurden demnach unter anderem Kraftwerke sowie ein Hafen, über den die Huthis iranische Waffen und militärische Vorräte transportiert haben sollen. Der Huthi-nahe TV-Sender Al-Masirah meldete vier Tote. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Wie die Hisbollah greift auch die Huthi-Miliz Israel immer wieder an - nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas.
wa/sti/ack (dpa, afp, rtr)