Israel verlässt den Libanon, die libanesische Armee rückt nach
17. August 2006Die regulären libanesischen Truppenverbände trafen am Donnerstagmorgen (17.8.2006) in der Hafenstadt Tyrus ein und rückten an verschiedenen Stellen mit Transportern und Infanterie über den Litani-Fluss vor. Auch über See seien Soldaten nach Tyrus gebracht worden. Die gesamte Operation soll mindestens drei bis vier Tage dauern, sagte ein Armeesprecher.
Nicht gezündete Splitterbomben als Gefahr für Flüchtlinge
Der Libanon hatte die Verlegung von zunächst 2500 Soldaten angekündigt. Bis zu 15.000 libanesischen Soldaten sollen zusammen mit UN-Truppen Angriffe der seit Jahren im Südlibanon operierenden radikalislamischen Hisbollah auf Israel unterbinden.
Parallel zu den Truppenbewegungen hielt der Strom zehntausender heimkehrender Flüchtlinge an. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte die israelische Regierung auf, umgehend die Abwurfstellen von Splitterbomben bekannt zu geben. Nicht gezündete Splitterbomben seien eine große Gefahr für die Flüchtlinge, weil sie wie Minen wirkten, warnte HRW-Chef Kenneth Roth.
Truppenstellerkonferenz
Am Sitz der Vereinten Nationen (UN) in New York wurden die Vorbereitungen für eine Aufstockung der UN-Truppe UNIFIL von 2000 auf ebenfalls 15.000 Mann vorangetrieben. Frankreich erklärte sich bereit, die Führung der verstärkten UN-Truppen zu übernehmen. Die libanesischen Streitkräfte sollen gemeinsam mit der UNIFIL dafür sorgen, dass keine neuen Kämpfe zwischen den israelischen Streitkräften und der Hisbollah-Miliz aufflammen.
Zu der Truppensteller-Konferenz, die für Donnerstag in New York einberufen wurde, erhielten nach Angaben von UN-Diplomaten 49 Länder eine Einladung. Bei den Beratungen soll präzisiert werden, wie das Mandat der UNIFIL künftig aussieht. Zu klären ist insbesondere, in welchem Umfang sie militärische Gewalt anwenden darf und ob sie bei der Bewaffnung der Hisbollah eine aktive Rolle spielen soll.
Deutsche Beteiligung
An der UN-Truppe soll es auch eine deutsche Beteiligung geben, wie die Koalitionsführung nach einem Treffen am Mittwoch in Bayreuth mitteilte. Das bedeutet aber nicht unbedingt den Einsatz der Bundeswehr. Donnerstag werden die Fraktionschefs und Fachpolitiker über das Angebot unterrichtet, anschließend soll es an die Konferenz in New York übergeben werden.
Der libanesische Regierungschef Fuad Siniora kündigte an, dass es außer der Armee keine weitere bewaffnete Präsenz mehr im Land geben werde. Keine Region werde für die libanesischen Regierungstruppen unzugänglich sein, sagte Siniora am Mittwochabend, nachdem das Kabinett der Armee den Marschbefehl an die Grenze zu Israel erteilt hatte. Auch werde es "die Mentalität vom Staat im Staat" nicht mehr geben, sondern nur noch "einen einzigen Staat mit einer einzigen Entscheidungsmacht", womit er auf die Hisbollah anspielte.
Israelischer Rückzug
Die israelische Armee zog sich nach eigenen Angaben bereits aus weiten Teilen des Südlibanons zurück. Bis zu zwei Drittel der Gebiete seien zwischen der Grenze und dem Fluss Litani an die UN-Truppen (UNIFIL) übergeben worden, sagte ein Militärsprecher in Tel Aviv. Auch das libanesische Gebiet nördlich der israelischen Grenzstadt Metula werde von den UN-Truppen kontrolliert. Bis Freitag sollten zudem alle im Libanon eingesetzten israelischen Reservisten das Land verlassen.
Zwei gefangen genommene israelische Soldaten sollen am Leben sein
Unterdessen teilte der israelische Vize-Regierungschef Schimon Peres in Washington mit, dass sein Land die Seeblockade vor der libanesischen Küste aufrechterhalte. Lediglich zivile Schiffe seien davon ausgenommen. Zu den beiden von der Hisbollah-Miliz im libanesisch-israelischen Grenzgebiet gefangen genommenen israelischen Soldaten, wegen denen die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah vor mehr als einem Monat begannen, sagte Peres, nach seinen Informationen seien sie am Leben und bei guter Gesundheit. Israels Außenministerin Zippi Livni forderte die unverzügliche und bedingungslose Freilassung der beiden Soldaten. (kap/stl)