Israelis vertrauen auf "Iron Dome"
15. Juli 2014Israel hat derzeit sieben Ratenabwehrsysteme vom Typ "Iron Dome". In den vergangenen zwei Wochen mussten sie bis an den Rand ihrer Kapazität gebracht werden, um die Raketen der Hamas abzufangen, die aus dem Gazastreifen abgeschossen wurden. Jede einzelne der batterieähnlichen Anlagen kostet etwa 50 Millionen Dollar und für jede Rakete, die damit abgefangen und in der Luft zerstört wird, muss Israel 20.000 Dollar zahlen.
Die "Eiserne Kuppel" erreicht eine Erfolgsquote von 85 bis 90 Prozent. Die aus Gaza abgefeuerten Raketen, die sogar bis zu der Hafenstadt Haifa im Norden Israels gelangten, wurden entweder abgefangen und zur Explosion gebracht oder sie wurden aufs Meer oder auf unbewohntes Gebiet umgeleitet.
Experten wie Yiftah Shapir vom Nationalen Institut für Sicherheitsstudien in Israel sind besorgt, dass eine solche Erfolgsrate die Bevölkerung in falscher Sicherheit wiegen könnte, dass sie Alarmsirenen nicht mehr ernst nimmt, die die höchste Alarmstufe ausrufen. "Menschen geraten nicht in Panik, sie neigen dazu, die Sirenen auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber 100-prozentige Sicherheit kann sowieso niemand gewährleisten."
So sieht es auch Danny Gold, der "Iron Dome" mit entwickelt hat. Auch er gibt zu, dass immer mehr Leute das eigene Sicherheitsrisiko unterschätzen, weil sie davon ausgingen, dass sowieso alle Raketen abgefangen würden. Das gelte insbesondere auch für Menschen, die im öffentlichen Interesse stehen.
Start in den 1990er Jahren
Die Idee zu einem solchen Anti-Raketen-System kam zuerst Mitte der 1990er Jahre auf. Damals begann die im Libanon stationierte Hisbollah, auf Israel zu schießen. Doch erst ab 2004 bekam das Iron-Dome-Konzept richtigen Antrieb, als Danny Gold die Führung der israelischen Militärforschung und Verteidigungsentwicklung übernahm.
Im Jahr 2007 wurde der Auftrag für einen Abwehrschirm erteilt und seitdem arbeitet das lokale Unternehmen "Rafael Advanced Defense System" an diesem Projekt. Ein achtes Raketenabwehrsystem ist in Arbeit und mit finanzieller Unterstützung der Vereinigten Staaten will Israel weitere Anlagen bauen lassen. Diese bestehen maßgeblich aus drei Komponenten: Erkennungs- und Ortungsradar, Kampf-Management und Waffenkontrolle sowie der eigentlichen Raketenabschusseinheit.
Großes Vertrauen in "Iron Dome"
Viele Einwohner von Tel Aviv und Jerusalem haben den Eindruck, dass sich ein falsches Gefühl von Sicherheit einschleichen könnte. Andere dagegen sagen, sie behandelten die Situation mit der nötigen Ernsthaftigkeit. Die Jerusalemerin Sarah Grossmann findet, dass "falsches Gefühl von Sicherheit" nicht der richtige Ausdruck sei: "Dankbar wäre besser. Außerdem weiß jeder, dass sogar mit dem funktionierenden Raketenabwehrschirm Trümmerteile danach noch immer auf den Boden fallen können und es das Beste ist, wenn man sich drinnen aufhält."
"Ich war in einem Bus, als die Sirene losging und da gab es keine Möglichkeit, Schutz zu suchen. Also habe ich mir die ankommenden Raketen und den Iron-Dome einfach angeschaut, denn ich gehe davon aus, dass alles gutgehen wird", erzählt Ari Roth aus Jerusalem.
In dem 25-jährigen Studenten Niav Hashaoshan aus der Stadt Rishon Le Zion weckt die Operation Schutzwall schmerzhafte Erinnerungen. 2012 entkam er nur mit Glück unverletzt, als das Nachbarhaus explodierte. Er stimmt zu, dass die Menschen jetzt entspannter seien im Vergleich zu den ersten Alarmsirenen und das liege überwiegend an der Sicherheit, die ihnen der Abwehrschirm bietet. "Ich denke, dass die Menschen ein vernünftiges Sicherheitsbewusstsein haben. Sie fühlen sich sicher wegen des "Iron Dome" und weil sie wissen, wie sie mit der Situation umgehen müssen. Wenn man durch Tel Aviv geht ist dort alles normal - außer wenn Alarm gegeben wird."
Sicherheitsexperte Danny Gold warnt vor zu großer Selbstsicherheit, betont aber, dass das Raketenabwehrsystem nicht das einzige Mittel gegen Angriffe der Hamas sei. "Verteidigung ist eine Kombination aus 'Iron Dome', den Sirenen und ebenso umfangreicher geheimdienstlicher Aktionen. Wie wir sehen unterstützen sich alle drei Ebenen gegenseitig", so Gold. "Die Menschen sollten aber nicht zu Hause sitzen und nichts tun, weil sie denken, dass der Abwehrschirm über ihren Köpfen alles hundertprozentig und fehlerfrei übernimmt."
Das Leben der Israelis retten
In der Öffentlichkeit zeigt sich Gold im Moment nur selten. Aber wenn ihn Menschen auf der Straße erkennen, die wissen, dass er bei dem Abwehrsystem mitgearbeitet hat, so erzählt er, dann schüttelten sie ihm die Hand, dankten ihm und nennen ihn einen Helden. "Das Hauptziel bei der Entwicklung des Raketenabwehrschirms war es, die Leben der Israelis zu retten. Ich denke, dass es eine enorme Errungenschaft nicht nur für mich ist, sondern auch für einige hundert Leute, die einige Jahre daran mitgearbeitet haben. Sie sind die Besten der Besten, die Crème-de-la-Crème des High-Tech in Israel."
Die ökonomischen Verluste der Städte rund um Israel einzugrenzen und den Schaden am Eigentum der Menschen zu minimieren sei nur ein nachgeordnetes Ziel gewesen, sagt Gold: "Der Abwehrschirm ist ein strategischer Gewinn für das ganze Land."
Gold weist die jüngste Kritik von dem Waffenexperten und Berater Richard Lloyd zurück, "Iron Dome" sei ein "totaler Misserfolg", weil das System explosive Sprengköpfe der Raketen, die Granatsplitter enthielten, nicht detonieren ließe, wenn es die Geschosse abfängt. Für Gold liegt Lloyd dagegen völlig falsch: "Er hat keine Verbindung zu der Technologie des Raketenabwehrsystems 'Iron Dome' oder sogar zur Realität. Die Wahrheit ist doch, dass 'Iron Dome' fast alles abfängt."
Gold gibt sich darüber hinaus große Mühe, den Menschen zu versicher, dass die neuesten Angriffe aus dem Libanon "Iron Dome" nicht überfordern würden.
In Rishon Le Zion macht sich Niav Hashaoshan Sorgen um die Zukunft Israels - aber auch um die Situation in Gaza. "Ich fühle mit den Menschen in Gaza. Sie sind Zivilisten. Sie haben nichts Falsches gemacht. Sie leben nur auf der falschen Seite der Karte."