Israel billigt umstrittenes Siedler-Gesetz
6. Februar 2017
Für das Gesetz stimmten 60 der 120 Abgeordneten in dritter und letzter Lesung, 52 votierten dagegen. Die übrigen Abgeordneten waren abwesend, darunter auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Der israelische Premier hatte sich aber im Vorfeld der Abstimmung vehement für den Entwurf eingesetzt. Die Besiedlung des Westjordanlands solle "ein für alle Mal geregelt werden."
Rund 4000 Wohnungen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland werden mit dem Gesetz rückwirkend genehmigt, obwohl sie widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden. Vorgesehen ist eine Entschädigung der rechtmäßigen Besitzer. Den Enteigneten soll entweder Geld gezahlt werden oder ein anderes Grundstück zugeteilt werden.
Palästinenservertreter üben Kritik
Die Entschädigungsvereinbarung soll auch dann Gültigkeit haben, wenn die palästinensischen Besitzer nicht zustimmen wollen. Mit solchem Widerspruch ist zu rechnen. Tatsache ist: Die eigene Führung erlaubt es Palästinensern prinzipiell nicht, Land an Israelis zu verkaufen. Falls sie es doch tun, droht ihnen die Todesstrafe. Das Gesetz betrifft zunächst 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland.
Führende Palästinenservertreter haben das Gesetz scharf kritisiert. "Ein solches Gesetz ist ein Signal für die endgültige Annexion des Westjordanlandes", sagte die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi. Dies beweise, dass Ministerpräsident Netanjahu und "seine extremistische, rassistische Regierungskoalition bewusst das Gesetz brechen und die Grundlagen der Zwei-Staaten-Lösung und die Chancen auf Frieden und Stabilität zerstören". Alle Siedlungen seien illegal.
Ob das jetzt von der Knesset in Jerusalem gebilligte Vorhaben tatsächlich Rechtskraft haben wird, ist noch nicht ganz klar. Das höchste Gericht Israels könnte das Gesetz noch kippen. Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit warnt, das neue Gesetz verstoße gegen israelisches Recht und er werde es nicht vor Gericht verteidigen. Außerdem hat er die Sorge geäußert, das Gesetz könne Munition liefern für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Oppositionsführer Izchak Herzog sprach von einer "großen Katastrophe für das israelische Volk".
Kann Israel auf Trump hoffen?
Offen ist auch, wie sich die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump zum Siedlungsbau Israels stellen wird. Nachdem es von Trump zunächst vollmundige Unterstützungsbekundungen gegeben hatte, kamen zuletzt aus Washington andere Signale. Wer neue Siedlungen baue oder bestehende erweitere, gefährde damit womöglich die Friedensbemühungen im Nahen Osten, teilte das Weiße Haus mit. "Wir glauben zwar nicht, dass die Existenz von Siedlungen ein Hindernis für den Frieden sein muss", ließ Trump über seinen Sprecher Sean Spicer erklären. "Aber der Bau neuer Siedlungen oder ihre Ausweitung über bestehende Grenzen hinaus könnten für das Erreichen dieses Ziels nicht hilfreich sein."
Der UN-Nahostgesandte Nickolay Mladenov hatte Israel wenige Stunden vor der Abstimmung vor der Verabschiedung des Gesetzes gewarnt. Es werde weitreichende juristische Konsequenzen für Israel haben und die Aussichten auf einen arabisch-israelischen Friedensschluss stark verringern.
Hunderttausende Israelis leben in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem. Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung entstanden, und wilden Außenposten, die durch das Gesetz rückwirkend legalisiert werden sollen. Aus internationaler Sicht sind alle Siedlungen illegal. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass die Wohnanlagen als eines der größten Hindernisse für eine Friedensregelung mit den Palästinensern gelten.
haz/nin (dpa, afp, rtr, ap)