Türkei plant Mega-Airport
6. Februar 2013Es ist eines der umstrittensten Bauprojekte Deutschlands: Seit mehr als sechs Jahren baut Berlin an seinem neuen Flughafen - und wird und wird nicht fertig. Und das im Land der Techniker und Ingenieure! In Istanbul soll nun alles sehr schnell gehen, auf alle Fälle schneller als in Berlin. Bis 2017 soll die türkische Metropole einen dritten Flughafen bekommen. Zwei Flughäfen hat Istanbul bereits: den Atatürk-Flughafen auf der europäischen Seite der Metropolenregion und Sabiha Gökçen auf der asiatischen. Doch beide platzen bereits aus allen Nähten, denn der Flugverkehr am Drehkreuz zwischen Europa und Asien nimmt rasant zu. Nach Angaben des Direktorats der staatlichen türkischen Flughäfen (DMHI) ist die Zahl der Flüge in die Türkei alleine 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 4,6 Prozent gestiegen. Und fast die Hälfte dieser Flüge landeten auf den beiden Istanbuler Flughäfen.
Deshalb soll jetzt ein dritter Flughafen im Norden der Stadt hinzu kommen - und der soll alles andere als bescheiden ausfallen: Sechs Landebahnen auf einem Gelände von 9000 Hektar sind geplant. An der Passagierzahl bemessen soll er sogar der größte der Welt werden, mit jährlich 150 Millionen Passagieren wird gerechnet. Bislang ist der weltweit größte Flughafen der US-amerikanische Hartsfield-Jackson-Airport in Atlanta mit 92 Millionen Passagieren im Jahr 2011. In Europa ist London Heathrow ganz vorne, gefolgt von Charles de Gaulle in Paris und Frankfurt am Main in Deutschland.
Unterschiedliche Meinungen zur Kostenfrage
Der türkische Transportminister Binali Yıldırım hat angekündigt, dass die Frist für die Gebote der Bauunternehmen, den Airport mit sechs Landebahnen zu bauen, am 3. Mai endet. Das Ziel sei es, das Projekt dann innerhalb von 42 Monaten zu beenden, so Yıldırım. Wie viel dieses gigantische Projekt insgesamt kosten wird, ist noch nicht klar. Der Transportminister spricht von etwa sieben Milliarden Euro. Der türkische Journalist und Luftfahrt-Experte Uğur Cebeci sieht die Kostenfrage weniger optimistisch: Er rechnet mit mehr als zehn Milliarden Euro. Auch über die Frage, ob sich eine so große Investition überhaupt lohnt, gehen die Meinungen auseinander. In einem Bericht des österreichischen Finanzunternehmens "Erste Bank" über die türkische Flugbranche wird darauf hingewiesen, dass die Entfernung des geplanten Flughafens zur Stadt ein Risiko darstellt. Rund 50 Kilometer entfernt vom Kern Istanbuls soll er entstehen.
Dem widerspricht Luftfahrt-Experte Cebeci: Seiner Ansicht nach wird der neue Flughafen - unabhängig von dieser Entfernung - Istanbuls Bedeutung im internationalen Flugverkehr stärken. Schon jetzt sei Istanbul für den Flugverkehr eines der wichtigsten Drehkreuze der Welt: "Heute gibt es von Istanbul aus fast überallhin auf der Welt Flüge."
Proteste von Umweltschützern
Doch nicht alle sind vom neuen Flughafenprojekt begeistert. Dieser soll nämlich in unmittelbarer Nähe des Terkos-Sees entstehen, der fast den gesamten Wasserbedarf Istanbuls abdeckt. Deshalb kritisiert Tayfun Kahraman, Direktor der Istanbuler Stadtplanungskammer, den geplanten Standort. Seiner Meinung nach wäre es besser, den bereits bestehenden Flughafen in Tekirdağ 135 Kilometer westlich von Istanbul auszubauen, statt den neuen zu bauen. Die Entfernung sieht er nicht als Problem: "Man könnte mit der Bahn die Verbindung zu Istanbul herstellen - erfolgreiche Beispiele dafür gibt es auch bei Flughäfen in Berlin und London."
Auch Umweltaktivisten kritisieren das Projekt. Sie protestieren gegen die Abholzung von mehreren tausend Hektar Wald rund um den Terkos-See und weisen auch darauf hin, dass die Gegend ein wichtiger Überflugweg für Zugvögel ist. Der neue Mega-Flughafen könne für viele dieser Vögel den Tod bedeuten.