Weltweit erste Jil Sander-Ausstellung in Frankfurt
3. November 2017Die deutsche Modedesignerin Jil Sander gehört zu den einflussreichsten Modeschöpfern ihrer Generation. Der Modedesignerin, die sich ganz der "Mission Moderne" verschreiben hat, ging und geht es darum, mit ihrer Kleidung die Persönlichkeit eines Menschen hervorzuheben.
Die Ästhetik ihrer Geschäfte erinnert an die Bauhaus-Tradition: luftig und transparent; die Gestaltung weit entfernt von der Opulenz und Dekadenz des Luxus-Modesegments. Ihre Kollektionen sind elegant, minimalistisch, puristisch und zeitlos.
Sander, nun in ihren Siebzigern, lebte stets sehr zurückgezogen und abgeschirmt von der Außenwelt. Jetzt wird zum ersten Mal ein intensiver Blick auf ihr Leben und ihre sagenhafte Karriere geworfen: Eine Ausstellung im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst (MAK) beleuchtet Sanders Einfluss auf die Modewelt.
Traditionelle Schlichtheit in stürmischen Zeiten
Am bekanntesten ist Sander wohl für ihre Damenkollektionen, die durch ihre bemerkenswert komplexe Einfachheit herausstechen. Eine besonders wichtigen Rolle lässt sie dabei Materialien und Formen zukommen.
Die Karriere von Sander begann 1968. Schon fünf Jahre später gab sie erste komplette Kollektion heraus. In jenen unruhigen politischen Zeiten blieb sie traditionellen Linien und neutralen Farben treu. Mit ihrer minimalistischen Ästhetik, die alles andere als konservativ war, begeisterte sie ihre Fans. Durch die Verwendung von luxuriösen Materialien und gekonnten Schnitten machte sie aus simplen maßgeschneiderten Hosenanzügen schicke Mode für Geschäftsfrauen. Wie Cathy Horyn, die damalige Modekritikerin der New York Times, schrieb, war Sanders Stil von Anfang an "die Antwort einer cleveren Frau auf einen minimalistischen Schnitt ... eine wundervolle Art, sich zu kleiden, wenn man neben dem Nachdenken über die Mode auch noch ein paar andere Dinge zu tun hatte."
Laut Jil Sander selbst entstand ihre besondere Ästhetik durch Lektionen, die sie im Leben lernen musste, sowie aus dem, was sie als "Zeitgeist" wahrnahm. Daraus entwickelte sich ein Designerstil, der für Modernität und die Kraft des Individuums steht. Es ist nicht die Kleidung, die die Geschichte erzählt – sondern ihr Träger.
Vielfältiger Einfluss aufs Design
Sander kreierte weiterhin Mode und kehrte ganze drei Mal zu ihrem Label zurück, nachdem sie 1999 einen Großteil davon an die Prada-Gruppe verkauft hatte. Dennoch konzentriert sich die Frankfurter Ausstellung nicht ausschließlich auf Mode und Kleidung. Neun verschiedene thematische Bereiche beleuchten Sanders Einfluss auf das Design aus verschiedenen Blickwinkeln: auf dem Laufsteg, im Studio, bei Modekollektionen, Accessoires, Kosmetik, Photographie und Kampagnen, in Mode und Kunst, Architektur und Gartenkunst. Die Frage, auf die man hier eine Antwort sucht, heißt: "Was ist der Schlüssel zur Qualität im Design?"
In dieser Beziehung fokussiert sich die Multimedia-Ausstellung besonders auf das Team, mit dem sich Sander umgab. Sie beschäftigte Photographen wie Peter Lindbergh und Irving Penn, die ihr halfen, eine Beziehung zu den Supermodels der 1990er Jahre aufzubauen und sich selbst einen Namen als moderne Frau zu machen: Sie wurde als stark und sexy wahrgenommen, während ältere Vorstellungen von Weiblichkeit beiseite gewischt wurden.
Der ganzheitliche Ansatz der Ausstellung nimmt auch die Architektur von Sanders Boutiquen sowie ihre Zusammenarbeit mit Künstlern und den Stil ihrer Verpackungen unter die Lupe. Die erste Kosmetik- und Parfumlinie unter dem Namen Jil Sander kam 1979 heraus. Die Produkte wurden nicht nur wegen ihres Inhalts bekannt, sondern ebenso wegen der Flaschen und Verpackungen, in denen sie verkauft wurden. Sie waren mit dem für die 1980er Jahre typischen geometrischen Mustern verziert.Bei der Ausstattung ihrer Boutiquen ließ Sander sich stark vom transparenten Bauhausstil inspirieren. Für Dekadenz und Opulenz, wie sie normalerweise mit Luxusartikeln assoziiert werden, war hier kein Platz.
'Königin des Weglassens'
Ihr beharrlicher Verzicht auf Angeberei und Prahlerei brachten Jil Sander den Beinamen "Königin des Weglassens" ein. Ihre minimalistische Eleganz und ihr Sinn für Purismus, ihre Verwendung japanischer High-Tech Materialien in Kombination mit der handwerklichen Qualität italienischer Textilhersteller beeinflussen die deutsche Modewelt bis heute.
Das Motto, das Sanders gesamtes Werk durchzieht, lautet "weniger ist mehr" – obwohl das Motto für die Besucher der Ausstellung wohl eher "mehr ist mehr" lautet. Schließlich werden hier die gesamten 3.000 Quadratmeter der Ausstellungsfläche dieser speziellen Einzelausstellung gewidmet. Sie ist im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst (MAK) vom 4. November 2017 bis 6. Mai 2018 zu sehen.