Rot-Grün verfehlt Mehrheit in Niedersachsen
16. Oktober 2017Mit dem Hashtag: "#geilerScheiss" feierte die Social-Media-Abteilung der niedersächsischen SPD direkt nach der ersten Hochrechnung den klaren Wahlsieg ihrer Partei. Etwas weniger "geil" dürfte von den Sozialdemokraten nun aber die Tatsache empfunden werden, dass sie gemeinsam mit den Grünen, dem Wunsch-Koalitionspartner, nicht genügend Stimmen für die Bildung eine rot-grünen Regierung in Hannover erhalten haben.
Denn dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommen SPD und Grüne gemeinsam nur auf 67 von insgesamt 137 Sitzen im niedersächsischen Landtag. Für eine Mehrheit fehlen damit rechnerisch 1,5 Sitze, die SPD muss sich einen neuen Koalitionspartner suchen.
Bestes SPD-Ergebnis in Niedersachsen seit fast 20 Jahren
Nach Auszählung aller Stimmen kamen die Sozialdemokraten auf 36,9 Prozent. Das Wahlergebnis ist das beste für die niedersächsische SPD seit 1998, damals unter dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. "Wir können zum ersten Mal seit der letzten Landtagswahl mit Gerhard Schröder vor 19 Jahren wieder die stärkste Fraktion im Landtag werden, das ist großartig", jubelte SPD-Spitzenkandidat und Niedersachsens amtierender Ministerpräsident Stephan Weil nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
Die CDU mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann stürzte mit 33,6 Prozent auf ein historisch schlechtes Ergebnis. 2013 wurden die Christdemokraten noch stärkste Kraft. Die Grünen wurden zwar drittstärkste Kraft, aber mit klaren Verlusten: Sie sackten von 13,7 Prozent auf 8,7 Prozent der Stimmen ab. Die FDP kam auf 7,5 Prozent. Die AfD zieht mit 6,2 Prozent erstmals in den Landtag in Hannover ein. Die Linke verpasste mit 4,6 Prozent erneut den Einzug ins Parlament.
Jamaika, Ampel oder GroKo?
Rechnerisch gesehen käme zwar eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und der FDP zustande. Doch FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner hatte dieser Konstellation schon vor der Wahl eine Absage erteilt. Ebenfalls möglich wäre auch eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und der FDP. Für diese hatte sich die FDP offen gezeigt. Ein Jamaika-Bündnis unter Führung der CDU sehen die Grünen allerdings skeptisch. Definitiv ausgeschlossen aber hat sie Grünen-Spitzenkandidatin Anja Piel bisher nicht.
Auch die CDU könnte mit "Jamaika" liebäugeln. So nannte ihr Spitzenkandidat Althusmann das Wahlergebnis einen "klaren Gestaltungsauftrag für Niedersachsen, in welcher Konstellation auch immer". Zu diesem Satz passt natürlich auch die Rolle aus Juniorpartner in einer großen Koalition in Hannover. Auf bequeme 105 Sitze käme ein Regierungsbündnis aus SPD und CDU.
Stabile Mehrheit statt Wackelkoalition?
Es wäre eine sehr stabile Mehrheit, ganz anders, als in der vergangenen Koalition. Bisher hatten SPD und Grüne mit nur einer Stimme Mehrheit in Niedersachsen regiert. Als die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten Anfang August aus persönlichen Gründen zur CDU wechselte, wurden vorgezogene Neuwahlen in Niedersachsen nötig.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius von der SPD zeigte sich bereits am Wahlabend offen für eine große Koalition. Und Stephan Weil? Er kündigte an, mit allen Landtagsparteien außer der AfD über mögliche Koalitionen zu sprechen.
cw/mak (dpa, afp, rtr)