Kommentar: Keine Beständigkeit beim HSV
16. September 2014Es ist schwer zu sagen, was man derzeit vom Hamburger SV denken soll. Drei Trainer wurden in der vergangenen Saison verschlissen, jetzt - nach nur drei Bundesligaspielen - muss der nächste gehen. Obwohl mit noch keinem Tor und erst einem einzigen Punkt wenig für Mirko Slomka sprach, ist die Beurlaubung des Trainers bereits im September ein weiteres Beispiel für den eklatanten Mangel an Geduld beim Hamburger SV.
Nachdem in der abgelaufenen Saison der Klassenerhalt mit Ach und Krach erst in der Relegation gesichert werden konnte, sah es eigentlich so aus, als sollte Slomka nach dem beurteilt werden, was er in der neuen Saison zustande bringt. HSV-Präsident Carl-Edgar Jarchow sprach sogar davon, einen langfristigen Kontrakt mit Slomka abzuschließen, auf das er noch für einige Jahre am Steuer bleibe. Anfangspunkt sollte dieser Sommer sein, mit vielen neuen Spielern und viel neuer Hoffnung - wie in jedem Jahr bei vielen Clubs, auch beim HSV.
Doch das war schnell vergessen, nachdem die Darbietungen des Teams nur wenig davon zeugten, dass nach der katastrophalen Vorsaison eine Veränderung zum Besseren stattgefunden hätte. Die 0:3-Niederlage gegen Aufsteiger SC Paderborn am 2. Spieltag war wohl der schmerzvollste Beweis.
Doch ist das wirklich Slomkas Fehler? Mögen seine taktischen Vorgaben auch manchmal diskussionswürdig gewesen sein, es gab Anzeichen, dass sich langsam etwas entwickelt. Es ist unmöglich zu sagen, wie viel Zeit genau ein Trainer benötigt, um seine Mannschaft dahin zu bringen, wo er sie haben möchte, aber drei Spiele am Anfang der Saison sind bei weitem nicht genug.
Statistik schlägt Beständigkeit
Einige HSV-Fans könnten argumentieren, Slomkas Statistik mit saisonübergreifend nur dreizehn Punkten aus 19 Bundesligaspielen spreche für einen Rauswurf. Doch während seiner Zeit als Trainer von Hannover 96 holte Slomka in der Saison 2010/11 in seinen ersten 16 Partien auch nur vier Zähler mehr. Anschließend spielte er sich mit einer durchschnittlichen Mannschaft bis zum Saisonende hoch auf Rang vier. Im Anschluss nahm 96 zweimal an der Europa League teil. Er mag zwar nicht der beeindruckendste Bundesligatrainer sein, aber Slomka hat bereits bewiesen, dass er es kann. Sein verfrühter Rauswurf beim HSV wirkt daher verwunderlich.
Genau wie der HSV ist auch der SC Freiburg mit zwei Niederlagen und einem Unentschieden in die Saison gestartet. Auch beim Sportclub lief die vergangene Saison nicht nach Wunsch. SC-Trainer Christian Streich darf seinen Job aber dennoch behalten, weil sein Verein an Beständigkeit glaubt. Hamburg hat sich von dieser Idee schon lange verabschiedet.
Weitreichendere Gründe
Die Hintergründe für Slomkas Beurlaubung bleiben im Dunkeln, aber es scheint klar, dass mehr dahinter steckt, als nur der sportliche Misserfolg und der letzte Tabellenplatz nach drei Spielen. In der Vereinsführung hat sich ein kurzfristiges Erfolgsdenken breit gemacht. Hinzu kommt die Rückkehr von Dietmar Beiersdorfer als neuer starker Mann, der eine Mannschaft aufbauen soll und die Finanzen regeln muss, nachdem der Verein sich kürzlich in eine Fußball-AG umgewandelt hat. Insgesamt gab es beim HSV in regelmäßigen Abständen zu viele Veränderungen in zu kurzer Zeit.
Die Folge ist, dass der Club unter einer ausgemachten Identitätskrise leidet und seine Bundesliga-Mannschaft überhaupt kein Selbstvertrauen hat. Kein Wunder, dass weder Slomka noch seine Vorgänger Bert van Marwijk und Thorsten Fink es geschafft haben, das Team zu motivieren. Es stimmt, die Spieler haben bei zu vielen Gelegenheiten schwache Leistungen gezeigt. Und ja, die taktische Marschrichtung Slomkas hat nicht immer zum Erfolg geführt, aber vor dem Hintergrund der großen Umwälzungen im Verein, hätten ein paar Wochen mehr Geduld dem sportlichen Erfolg förderlich sein können.