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Prostituierte brauchen Rechte!

Deutschland Beate Hinrichs
Beate Hinrichs
12. August 2015

Amnesty International plädiert dafür, einvernehmliche Sexarbeit weltweit zu entkriminalisieren. Großartig, meint Beate Hinrichs, denn nur so lassen sich Ausbeutung und Gewalt in der Prostitution bekämpfen.

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Flyer mit der Aufschrift Sexarbeit ist Arbeit 02.06.2014 Hamburg
Bild: picture-alliance/dpa/D. Reinhardt

Stellen Sie sich vor, Sie verdienen Ihr Geld mit einem illegalen Job. Aus was für Gründen auch immer - weil Sie da mehr verdienen als anderswo, weil Sie so Ihre Schulden loswerden, weil Sie sonst keine andere Arbeit finden oder weil diese Ihnen Spaß macht. Jedenfalls hatten Sie Ihre Motive, sich dafür zu entscheiden. Und dann prellt Sie ein Kunde um Ihr Honorar oder greift Sie tätlich an, Ihr Vermieter kassiert Wucherzinsen oder Ihre Chefin beutet Sie aus. Oder der Job macht Sie krank und Sie brauchen dringend ärztlichen Rat. An wen können Sie sich dann vertrauensvoll wenden? Richtig: an kaum jemanden. Denn Ihre Tätigkeit gilt ja als kriminell.

Was übrigens in der Regel auch heißt, dass Sie wegen dieser Arbeit zusätzlich gesellschaftlich geächtet werden. Zur Rechtlosigkeit kommt das Stigma. Sie können das fast niemandem erzählen.

Sexarbeit ist kein Menschenhandel

Genau darum geht die Menschrechtsorganisation Amnesty International den richtigen Schritt, wenn sie sich für eine weltweite Entkriminalisierung der Prostitution einsetzt. Denn nur so lassen sich die Menschenrechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern besser schützen. Nur so lässt sich Menschenhandel besser bekämpfen. Nur so lässt sich verhindern, dass Kunden oder Polizisten Prostituierte per se als Freiwild betrachten. Denn wer recht- und machtlos ist, erfährt mehr Gewalt.

Amnesty argumentiert zum Thema Prostitution völlig im Einklang etwa mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), globalen Organisationen gegen Menschenhandel und mit der Sozialforschung. Dennoch hat der Beschluss einen Aufschrei provoziert. Warum? Weil die Kritiker übersehen, dass freiwillige Sexarbeit - und nur um die geht es hier! - und Menschenhandel zweierlei Dinge sind. Menschenhandel, Zuhälterei, sexuelle und Arbeitsausbeutung sind kriminell und müssen strafrechtlich verfolgt werden. Ausdrücklich betont das auch Amnesty.

Deutschland Beate Hinrichs
DW-Redakteurin Beate HinrichsBild: Ikhlas Abbis

Der Mythos vom "Bordell Deutschland"

Erlaubte Prostitution fördere jedoch den Menschenhandel - das erklären Medien, Meinungsmacher und selbsternannte Feministinnen gerne, vor allem mit Blick auf Deutschland, wo das Prostitutionsgesetz das Gewerbe seit 2002 legalisiert hat. Fakt ist: Es gibt weltweit keine Zahlen, die einen solchen Zusammenhang belegen. Das vielbeschworene "Bordell Deutschland" ist ein Mythos. Und die Behauptung wird nicht wahrer dadurch, dass sie gebetsmühlenartig wiederholt wird.

Paysex könne aber niemals einvernehmlich und freiwillig sein, beharren diejenigen, die Prostitution generell verbieten wollen. Diese moralinsaure Sichtweise lässt die Lebenswelt der Betroffenen außer Acht. Denn Millionen von Frauen, Männern und Transsexuellen weltweit entscheiden sich eigenverantwortlich für Sexarbeit und sie werden es immer tun - aus welchen Gründen auch immer. Wer ihnen das Recht auf diese Entscheidung abspricht, macht sie zu genau den Objekten und Opfern, als die Ausbeuter und Menschenhändler sie sehen. Amnesty hat statt für Moral für Menschenrechte votiert. Bravo!

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