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Kriegserklärung und goldene Tüten

Tobias Oelmaier22. August 2015

DLV-Präsident Clemens Prokop kommentiert Gerüchte, wonach er nicht ins IAAF-Council gewählt worden sei, weil deutsche Journalisten Doping in der Leichtathletik enthüllten. Das Thema dominiert die WM in Peking.

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Deutschland Clemens Prokop Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes
DLV-Präsident Clemens ProkopBild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Viele Medaillenkandidaten hat Deutschlands Leichtathletik nicht am Start bei den Weltmeisterschaften in Peking, und die wenigen befinden sich auch noch in einem Dilemma. Kugelstoßerin Christina Schwanitz, der man durchaus Edelmetall zutrauen darf, brachte es jetzt auf einer Pressekonferenz des deutschen Teams auf den Punkt: "Durch die Doping-Berichterstattung so kurz vorher haben die Leute erst mal gemerkt, dass es überhaupt wieder eine gibt. Allerdings denken die meisten jetzt auch: Die sind doch eh alle gedopt!"

Und ihr Kollege David Storl, Mitfavorit bei den Männern, fügte an: "Ich bin nicht der Typ, der andere unter einen Generalverdacht stellt. Aber wer das tut, dürfte in den nächsten neun Tagen keinen großen Spaß haben, Leichtathletik zu gucken."

Die Leichtathletik kämpft in Peking um ihren Ruf. Der war durch einige Enthüllungen britischer und deutscher Medien in den letzten Monaten weiter stark beschädigt worden: systematisches Doping, Verschleierungsversuche, reduzierte Sperren überführter Sportler. Und dazu der rund ums Stadion in Peking wabernde Verdacht, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, sei deshalb nicht ins IAAF-Council, in die Regierung des Weltverbandes, gewählt worden, weil aus seinem Land so unbequeme Unterstellungen kommen.

Präsente in goldenen Tüten

Prokop selbst findet sich mit dem Schicksal ab: "Sollte es so sein, dass die Berichte in den deutschen Medien eine Rolle bei den Wahlen zum IAAF-Council gespielt haben, dann bin ich stolz darauf, in einem Land zu leben, das eine starke und freie Presse hat, die solche Themen mit Nachdruck aufgreift", sagte er am Freitag bei einer Pressekonferenz in Peking.

Vermutlich hätte er im Council ohnehin gegen Windmühlen gekämpft: Der Vertreter aus Saudi-Arabien, wo die Leichtathletik ein Schattendasein fristet, ergatterte weit mehr Stimmen als der Deutsche. Was nicht verwundern mag, soll er die Delegierten im Vorfeld der Wahl doch mit Giveaways aus goldfarbenen Tüten beschenkt haben. Und wenn der neue Präsident des Weltverbandes, der ehemalige britische Mittelstreckler Sebastian Coe, die deutschen Doping-Recherchen "eine Kriegserklärung an unseren Sport" nennt, dann scheint die Linie bereits vorgegeben.

Mit Coe möchte IOC-Präsident Thomas Bach übrigens gemeinsam das Dopingproblem in der Leichtathletik angehen. "Sebastian Coe und ich sind schon einen langen Weg zusammen gegangen, und dieser Weg war von Beginn an vom Kampf gegen Doping geprägt", sagte Bach am Rande der WM-Vorbereitungen in Peking: "Deshalb bin ich mir sicher, dass die IAAF und das IOC bei der Null-Toleranz-Politik gegenüber Doping eng zusammenarbeiten werden." Müssen den Worten nur noch Taten folgen…

IAAF Golden Gala - Justin Gatlin
Zweimal wegen Dopings gesperrt, und doch in Peking wieder dabei: Sprinter Justin GatlinBild: Getty Images/P. Bruno

Alles sauber bei den Sprintern?

Im 100-Meter-Lauf, einem der Höhepunkte dieser Titelkämpfe am Sonntag, werden mit den US-Amerikanern Justin Gatlin und Tyson Gay sowie Asafa Powell aus Jamaika mit ziemlicher Sicherheit drei Sprinter antreten, die jeweils mindestens einmal wegen Dopings gesperrt gewesen sind. Unter den Favoriten hat nur Titelverteidiger Usain Bolt, ebenfalls aus Jamaika, außer herausragenden Leistungen bislang keine Anhaltspunkte für pharmakologische Nachhilfe geliefert.

"Alles, was ich in den letzten Wochen gehört habe, war immer nur Doping, Doping, Doping. Nichts über den Wettkampf", reagiert der Weltrekordler denn auch leicht genervt. "Das Thema ist jetzt total in den Mittelpunkt gerückt. Für mich ist das traurig, aber ich kann nichts dagegen machen." Als Retter der Leichtathletik sieht sich Bolt ohnehin nicht. "Die Leute sagen, ich muss für den Sport siegen. Aber das hängt nicht allein von mir ab", sagte er kürzlich, und zu sportpolitischen Dingen wolle er sich eh nicht äußern.