Kubas Kommunisten segnen Reformen ab
19. April 2011Im Prinzip soll alles beim Alten bleiben: Der Staat kontrolliert weite Teile der Wirtschaft, der Sozialismus wird erhalten. Aber im Detail soll es doch Änderungen geben, denn künftig dürfen die Kubaner in rund 180 Bereichen selbstständig arbeiten.
Offizielles "Ja" zu Reformen
Präsident Raúl Castro hatte die moderaten Wirtschaftsreformen bereits im vergangenen Herbst auf den Weg gebracht. Seit Oktober ist es den Kubanern erlaubt, Kleinunternehmen zu gründen und auf eigene Rechnung zu wirtschaften. Für diese Beschlüsse hat sich der Präsident nun die offizielle Zustimmung seiner Partei, der alleinherrschenden Kommunisten, geholt.
Auf dem VI. Kongress der Kubanischen Kommunistischen Partei in der Hauptstadt Havanna verabschiedeten die Delegierten die "Leitlinien für die Wirtschafts- und Sozialpolitik" - so der Titel des Pakets. Die insgesamt rund 300 Maßnahmen enthalten neben einer Öffnung der Wirtschaft für private Initiativen auch Reformen bei der Verwaltung des Landes. So sollen etwa Subventionen gekürzt und der unproduktive Staatsapparat gesundgeschrumpft werden. Mehr als eine Million Angestellte im staatlichen Sektor sollen in den kommenden Jahren ihre Arbeit verlieren.
Festhalten am Sozialismus
"In der Aktualisierung des Wirtschaftsmodells wird die Planwirtschaft vorherrschen, dabei aber Markttendenzen berücksichtigen", heißt es in der Resolution der 1000 Delegierten, die auf dem Internetportal cubadebate.cu veröffentlicht wurde. Eine Abkehr vom Sozialismus ist ausdrücklich nicht geplant: Nur der Sozialismus sei in der Lage, "die Schwierigkeiten zu überwinden und die Errungenschaften der Revolution zu sichern", heißt es weiter.
Neben der moderaten Liberalisierung der Wirtschaft soll es nach den Beschlüssen des KP-Kongresses auch Änderungen in der Steuerpolitik, bei der Entwicklung der Industrie, der Energiepolitik und beim Tourismus geben.
Opposition: "Weiter Verarmung des Landes"
Kubas Opposition beurteilte die Reformen eher zurückhaltend: Für das kubanische Volk seien sie etwas Unheilvolles, denn sie bedeuteten mindestens zehn weitere Jahre der reinen und harten Castro-Kontinuität, sagte die Vorsitzende der Kubanischen Menschenrechtskommission, Elizardo Sánchez. Ihrer Einschätzung nach wird das Land weiter verarmen.
Nach den Reform-Beschlüssen vom Montag stehen am Dienstag (19.04.2011) weitere wichtige Weichenstellungen für die künftige Führung des Landes auf dem Programm. So kündigte der frühere Präsident Fidel Castro an, dass er den Posten des Ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei, den er seit ihrer Gründung 1965 innehat, abgeben wird. Wie erwartet folgt ihm sein Bruder Raúl, der bisherige Zweite Sekretär, nun auch als Parteichef nach - ebenso wie er bereits vor knapp fünf Jahren die Staatsführung von seinem älteren Bruder übernommen hatte.
Ausblick auf den künftigen Präsidenten?
Mit Spannung wird erwartet, wer Nachfolger des 79-Jährigen als Zweiter Sekretär der Partei wird. Die Personalie dürfte einen Ausblick darauf geben, wer Kuba in einer künftigen Ära nach den Castro-Brüdern lenken wird.
Bereits bei der Eröffnung des Parteitages am Samstag hatte sich Raúl Castro für eine Verjüngung der Staats- und Parteiführung eingesetzt. So sprach er sich etwa dafür aus, dass politische Ämter künftig nur noch höchstens zehn Jahre hintereinander ausgeübt werden dürfen.
Autor: Frank Wörner (dpa, afp)
Redaktion: Thomas Grimmer