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Gesellschaft

Lange Haftstrafen im Pflegemafia-Prozess

5. Februar 2018

"Alle haben sich, so gut es ging, die Taschen vollgestopft": Wegen millionenschweren gewerbsmäßigen Bandenbetrugs wurden Mitglieder einer "Pflegemafia" für bis zu sieben Jahre hinter Gitter geschickt.

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Düsseldorf - Sieben Jahre Haft für schweren Pflegebetrug
Jahrelanger systematischer Betrug: Abgerechnet wurden Pflegeleistungen, die nie erbracht wurden. Bild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth

Acht Jahre lang bis zur Festnahme im September 2016 habe sich die Bande über fünf verschiedene Gesellschaften nicht erbrachte Pflegedienstleistungen von Krankenkassen und Sozialämtern bezahlen lassen. Der Schaden belaufe sich auf mindestens 4,7 Millionen Euro. In dem Skandal um den systematischen, millionenschweren Abrechnungsbetrug einer sogenannten "Pflegemafia" hatten Ärzte und Patienten eifrig mitgespielt. Das Düsseldorfer Landgericht verurteilte jetzt sämtliche neun Angeklagten und schickte sie zwischen zwei und sieben Jahren ins Gefängnis.  

"Alle haben sich, so gut es ging, die Taschen vollgestopft", sagte der Vorsitzende Richter Guido Noltze. Statt täglich etwa Kompressionsstrümpfe zu wechseln, seien den "Patienten", die mitgespielt hätten, Putzdienste, Friseurbesuche oder Maniküre bezahlt worden. Mehrere Ärzte hätten ebenfalls mitgemacht und dafür Bestechungsgelder kassiert. An Pflegekräfte sei Schwarzgeld geflossen. 

Russen und Ukrainer 

Weil die meisten Angeklagten aus Russland oder der Ukraine stammen, hatte das jahrelang funktionierende Betrugssystem als "russisch-ukrainische Pflegemafia" für Schlagzeilen gesorgt. Tatsächlich attestierte das Gericht den fünf Männern und vier Frauen gewerbsmäßigen, organisierten Bandenbetrug und Geldwäsche. Hinweise darauf, dass bekannte Mafiagruppen dahinterstecken, fanden sich nicht.

Fünf der Angeklagten hatten Geständnisse abgelegt. In zwei Fällen setzte das Gericht eine Strafe von zwei Jahren Haft zur Bewährung aus. Eine Geschäftsführerin, die als Kronzeugin zuerst ausgepackt hatte, erhielt zwei Jahre und elf Monate Haft.

Betrug sogar als Werbung genutzt 

Geschädigte seien über die Kommunen und Krankenkassen letztlich die Steuer- und Beitragszahler in Deutschland, befand das Gericht. Wenige Pflegepatienten seien vorschriftsmäßig behandelt worden, der Rest habe nur einen Bruchteil der Leistungen erhalten. Das System sei sogar offen angepriesen worden, hieß es in der Urteilsbegründung: Die Stärke russischer Pflegedienste sei es, Leistungen durch andere Leistungen zu ersetzen.

Deutschland Razzia bei Pflegedienst Ariadne in Berlin
Razzia bei einem Berliner Pflegedienst im März 2016Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Der jahrelange Betrug sei den Angeklagten mangels ausreichender Kontrolle der Pflegeleistungen erleichtert worden, wurde in Düsseldorf beklagt. Beim Haupttäter habe man ein Schweizer Nummernkonto und zwei Kilo Gold entdeckt. Auf die Behauptung einer Angeklagten, das Geld sei armen Verwandten in der Ukraine zugute gekommen, entgegnete der Richter: "Das war das Geld der deutschen Steuer- und Beitragszahler. Wir sind nicht das Sozialamt der Ukraine oder der Russischen Föderation."

"Mauer des Schweigens" bei Ärzten 

Es werde wohl nicht gelingen, den am System beteiligten Ärzten den Prozess zu machen, hatte Staatsanwältin Petra Szczeponik am Rande des Verfahrens gesagt. "Wir sind auf eine Mauer des Schweigens gestoßen." Die Vorwürfe der Anklage umfassten 1100 Seiten.

Bundesweit standen zuletzt 230 ambulante Pflegedienste unter Verdacht, betrügerisch abgerechnet zu haben. Nach einer älteren Schätzung des Bundeskriminalamts könnte der Schaden für die Sozialkassen bei mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr liegen. 

SC/mak (dpa, KNA, epd)