Leitzinsen bleiben unverändert auf Rekordtief
6. November 2014Trotz der nach wir vor sehr niedrigen Inflation senkt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Euroraum nicht unter das Rekordtief von 0,05 Prozent. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt, wie die Notenbank mitteilte. Von September auf Oktober war die Jahresteuerung im Euroraum leicht von 0,3 Prozent auf 0,4 Prozent gestiegen. "Das gibt der EZB Zeit, eine Pause einzulegen", erklärte Unicredit-Volkswirt Marco Valli.
Allerdings liegt die Inflation noch immer deutlich unter der EZB-Zielmarke von knapp 2,0 Prozent. Auf diesem Niveau sprechen die Währungshüter von stabilen Preisen. Billiges Geld heizt üblicherweise die Inflation an. Doch an der niedrigen Teuerungsrate dürfte sich trotz der seit Jahren anhaltenden Geldschwemme der EZB auch nach eigener Prognose der Notenbank so schnell nichts ändern: Für 2014 erwartet die EZB einen Anstieg der Verbraucherpreise um 0,6 Prozent. Für 2015 dann um 1,1 Prozent, 2016 schließlich um 1,4 Prozent. Volkswirte hatten vor der EZB-Sitzung nicht mit weiteren Maßnahmen der Notenbank gerechnet.
Instrumentenkasten fast ausgereizt
An der Zinsschraube können die Währungshüter ohnehin nicht mehr drehen, wie EZB-Präsident Mario Draghi schon nach der Leitzinssenkung im September erklärt hatte: "Wir sind bereits am unteren Ende." Aktuell hofft Draghi, Geschäftsbanken über den Ankauf von Kreditpaketen (Asset Backed Securities/ABS) und Pfandbriefen entlasten zu können. Das soll den Instituten Freiräume für neue Darlehen verschaffen und so die lahmende Kreditvergabe in Schwung bringen.
Spekuliert wurde zuletzt zudem, dass die EZB zusätzlich Unternehmensanleihen kaufen könnte. "Eine weitere Lockerung der Geldpolitik über eine Ausweitung des Ankaufprogrammes auf zusätzliche Wertpapierklassen ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit", meint BayernLB-Ökonom Johannes Mayr. Sollte auch das nicht ausreichen, den Preisauftrieb zu stärken und die Konjunktur zu beleben, bliebe als weitreichendste Maßnahme der breit angelegte Kauf von Staatsanleihen. Dieser Schritt ist allerdings wegen seiner Nähe zur Staatsfinanzierung mit der Notenpresse sehr umstritten.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet dennoch fest damit, dass die EZB dieses Instrument einsetzen wird - schon deshalb, weil Europas Regierungen noch kein funktionierendes Regelwerk gegen zu hohe Haushaltsdefizite vorgelegt hätten. "Damit zwingen die Regierungen die EZB, die ungelösten wirtschaftlichen Probleme der Währungsunion durch eine Politik des billigen Geldes zu kaschieren. Vermutlich wird die EZB am Ende auf breiter Front Staatsanleihen kaufen und sich damit den Finanzministern weiter ausliefern", schreibt Krämer. Der Ökonom warnt jedoch wie viele andere: Auf Dauer könne die Eurozone so nicht funktionieren.
hb/ab (dpa)