Can Dündar erhält Lew-Kopelew-Preis
26. November 2017"Lew Gudkow und Can Dündar haben sich dem Druck nicht gebeugt, sich weder Denk- noch Sprechverbote erteilen lassen", erklärte der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Laudatio in Köln. Die beiden verdienten die uneingeschränkte Bewunderung und Unterstützung demokratischer Staaten.
In der Begründung des Lew-Kopelew-Forums heißt es, Can Dündar und der russische Soziologe Lew Gudkow setzten sich ohne Angst vor den zu befürchtenden Repressionen für einen kritischen Journalismus und eine unabhängige Wissenschaft ein. Das erfordere in einer Zeit, in der "Autokraten und Populisten die Werte einer freien und offenen Gesellschaft bedrohen", besonders viel Mut.
Forderung nach Freilassung
Gauck fügte hinzu, in Russland und in der Türkei seien weitgehend identische Prozesse zu beobachten. Autoritäre Herrscher hätten die Kontrolle über die Justiz übernommen, steuerten größtenteils die Medien und formten eine "Ideologie aus Nationalismus und Staatsreligion".
So wurde Can Dündar etwa als Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" in der Türkei zu fast sechs Jahren Haft verurteilt. Derzeit lebt der mehrfach ausgezeichnete Journalist im Exil in Deutschland. In seiner Laudatio erinnerte der Alt-Bundespräsident auch an die neun Deutschen, darunter Deniz Yücel und Mesale Tolu, die nach wie vor in der Türkei inhaftiert sind. Er forderte ihre sofortige Freilassung.
Gudkow - Ein Vermittler des heutigen Russlands
Über den russischen Soziologen Lew Gudkow, Leiter des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts "Lewada-Zentrum" in Moskau sagte Gauck, er kämpfe trotz zunehmender Repressionen unbeirrt gegen die staatlich verordnete diskriminierende Bezeichnung des Instituts als "ausländischer Agent". "Lewada hält der eigenen Gesellschaft einen Spiegel vor und erschließt Außenstehenden ein tieferes Verständnis des heutigen Russlands." Das Institut liefere neben Informationen differenzierte Kommentare zu aktuellen Entwicklungen sowie grundlegende Analysen über den "Typus des sogenannten Sowjetmenschen", bei dem die "Tiefenschichten russischer und sowjetischer Mentalität vergangener Zeit nachhallen".
"Wir ehren zwei Menschen, denen Wahrhaftigkeit mehr bedeutet als Karriere und das Wohlwollen der Machthaber", so Gauck weiter.
Mit dem undotierten Lew-Kopelew-Preis zeichnet das gleichnamige Forum seit 2001 jährlich Menschen, Projekte oder Organisationen aus, die im Sinne des russischen Germanisten, Schriftstellers und Humanisten Lew Kopelew (1912-1997) tätig sind. Ziel des Lew Kopelew Forums ist es, den Austausch zwischen West- und Osteuropa zu fördern. Im vergangenen Jahr erhielt der russische Schriftsteller Wladimir Woinowitsch die Auszeichnung.
bb/rb (epd/ Kopelew-Forum)