Lichtenberger: "Bundesregierung wichtig für Kaukasus"
21. März 2015DW: Seit 2008 lässt der WWF (World Wide Fund of Nature) Wälder im Kaukasus aufforsten. Zunächst mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung, aktuell über ein von der Europäischen Union finanziertes Projekt. Warum ist das notwendig?
Matthias Lichtenberger: Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren staatliche Strukturen in Armenien, Aserbaidschan und Georgien stark geschwächt, was sich auch durch illegalen Einschlag zeigte. Inzwischen wurden die nationalen Strategien zur Erhaltung der Wälder weiter entwickelt. In Armenien sind zur Zeit zwölf Prozent mit Wald bedeckt. Die Regierung in Jerewan will den Anteil in den nächsten Jahren auf 20 Prozent erhöhen. Das ist sicher auch ein Erfolg der Kaukasus-Initiative der Bundesregierung. Die wichtigsten Geber der Naturschutzarbeit im Südkaukasus sind das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, das Umweltministerium sowie die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Und wir wiederum arbeiten eng mit den nationalen Regierungen und Forstbehörden im Kaukasus zusammen.
Welche Baumarbeiten gibt es dort vorrangig?
Wie haben unterschiedliche Klimazonen. In Westgeorgien am Schwarzen Meer haben wir subtropische Wälder. In Zentralaserbaidschan und in Südarmenien findet man Trockenwälder. Zu Sowjetzeiten, in den 1960er Jahren, wurden zur Holzgewinnung vor allem Pinien-Monokulturen aufgeforstet. Sie spielen für den Erosionsschutz und die Verbesserung des Wasserhaushalts eine wichtige Rolle.
Durch den Klimawandel ist die Kiefernart allerdings in Stress geraten. Monokulturen sind generell im Zeichen des Klimawandels unter größerem Stress, da wenig anpaßungsfähig. Naturnahe Wälder haben eine größere Chance, sich durch natürliche Regenerationsprozesse anzupassen. Monokulturen sind auch anfälliger für Schädlingsbefall, der sich durch die zunehmend milderen Winter verschärfen wird.
Wir arbeiten gemeinsam mit den Regierungen daran, die Wälder fit zu machen für den Klimawandel. Dafür bauen wir sie zu naturnahen Mischwäldern um. Das ist ein Pilotprojekt an sechs Standorten mit unterschiedlichen Bedingungen von je 75 Hektar Flächen. Anhand dieser Testflächen wollen wir herausfinden, welche Arten dort am besten gedeihen, um dann größere Flächen aufzuforsten. Aber das lässt sich seriös erst in einigen Jahren erkennen.
Welche Arten gedeihen bisher gut?
Eichen sind an einigen Standorten sehr gut angegangen. Und das Besondere ist, dass wir keine Setzlinge aus Baumschulen verwendet haben, sondern Eichen aus Eicheln, also den Früchten, gezogen haben. Das ist auch eine recht kostengünstige Maßnahme. Und wir haben Pflanzenmaterial aus der Umgebung genommen, weil wir keine fremde Arten einführen wollten. Außerdem haben wir der Bevölkerung in den Gegenden Gelegenheit gegeben, durch das Sammeln ihr Einkommen aufzubessern.
Wurde durch die Sammelaktionen auch das Bewusstsein der Einheimischen für die Natur und den Klimawandel geschärft?
Ja, das war eine der wichtigsten Komponenten. Wir sind auch mit Schulklassen in die Anbauflächen gegangen, haben mit den Schülern kleinere Pflanzaktionen durchgeführt und Malwettbewerbe zum Thema Wald organisiert. Aber wir mussten gar nicht viel Aufklärungsarbeit leisten. Die Menschen hier wissen um den Wert des Waldes für ihre Lebensgrundlagen.
Das Projekt wird von der EU gefördert. Mit welcher politischen Botschaft?
Die Zusammenarbeit zwischen der EU und den kaukasischen Ländern ist von der EU Nachbarschafts-Politik geprägt, allerdings kommen die Mittel für das Projekt aus einem EU-Fonds – genannt ENRTP- der global agiert und den Fokus auf Umwelt und nachhaltigen Ressourcenschutz hat.
Matthias Lichtenberger hat nach seinem Studium der Islamwissenschaft, ländliche Entwicklung studiert. Er war bei der Welternährungsorganisation FAO tätig und arbeitet seit 2013 für die Umweltschutzorganisation WWF im Kaukasus.