Namensstreit kommt vor Gericht
20. November 2008Mazedonien hat im Namensstreit mit Griechenland den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angerufen. Auslöser ist die Blockade-Politik Griechenlands gegen eine NATO-Mitgliedschaft der ehemaligen jugoslawischen Republik. Griechenland lehnt die Bezeichnung Mazedonien als Staatsname für das Nachbarland ab. Zur Begründung verweist Athen auf seine gleichnamige Region Mazedonien.
Skopje erinnert an Abkommen
Skopje beruft sich in der Klage auf ein bilaterales Abkommen von 1995, das die Beziehungen zwischen beiden Ländern verbessern soll. Danach, so die Lesart in Skopje, habe sich Griechenland in Artikel 11 des Abkommens faktisch dazu verpflichtet, keine Einwände gegen eine NATO-Mitgliedschaft Mazedoniens zu erheben. Durch sein Veto auf dem NATO-Gipfel im vergangenen Frühjahr in Bukarest habe Griechenland allerdings die Mitgliedschaft de facto blockiert. Damit habe es aufs gröbste gegen das gemeinsame Abkommen verstoßen, heißt es in Skopje. Vom IGH erwartet die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (FYROM) – wie sie offiziell bezeichnet wird – nun die Feststellung, dass Griechenland seine Pflichten aus dem Abkommen mit Skopje verletzt habe.
Außenminister Antonio Milososki, der von der Regierung in Skopje zum offiziellen Vertreter vor dem Gerichtshof in Den Haag bestimmt wurde, hofft, dass dieser Vorstoß beide Länder dazu anregen werde, „Lösungen für die bestehenden Probleme“ zu finden. Ungeachtet dessen will Mazedonien weiterhin aktiv in New York an den unter Vermittlung des UN-Sonderbeauftragten Mathew Nimitz laufenden Verhandlungen über den Namensstreit teilnehmen. Dies bestätigte die Regierung in Skopje inzwischen offiziell in einem Schreiben an Nimitz.
Athen spricht von Verzögerungstaktik
Die Regierung in Athen meint dagegen, die mazedonische Regierung versuche, durch das Verfahren vor dem IGH eine Lösung im Namensstreit zu verzögern. Die griechische Außenministerin Dora Bakoyiannis bezeichnete die Klage Mazedoniens als „taktisches Manöver“ der Regierung in Skopje, um nicht am Verhandlungsprozess zur Lösung des Streits teilzunehmen.
Doris Pack, Balkanexpertin im Europäischen Parlament, äußerte im Gespräch mit der Deutschen Welle Verständnis für das Vorgehen Skopjes: „Mazedonien versucht auf allen Wegen zu einer Lösung zu kommen, die es ihm erlaubt, seinen Namen zu tragen.“ Ob das nun vor Gericht gelingen könne, sei unklar, aber grundsätzlich sollten alle Wege unterstützt werden, um eine Entscheidung herbeizuführen. „Denn solange es nicht gelöst ist, kann Mazedonien keinen Schritt weiter zur Europäischen Union machen, auch nicht zur NATO, weil überall das Veto des Nachbarlandes steht“, so Pack. An Athens Adresse gerichtet sagte sie: „Das Verfahren vor dem IGH ist vielleicht eine Möglichkeit, Griechenland doch dazu zu bringen, ein bisschen freundlicher zu seinem Nachbarn zu sein.“
Nada Steinmann, Sime Nedevski