In den Medien kursiert seit ein paar Tagen eine Grafik. Sie zeigt den Frauenanteil der jeweiligen Parteien im neuen Bundestag in Deutschland.
Von insgesamt 735 Abgeordneten sind gerade ein mal 255 weiblich, das sind 34,7 Prozent. Schade, ich dachte wirklich, da wäre mehr drin.
Vorreiter sind die Grünen, mit einem Frauenanteil von 59 Prozent in der Bundestagsfraktion. CDU/CSU und FDP kommen jeweils noch nicht mal auf 25 Prozent. Von der AfD ganz zu schweigen.
Zwar stürzen sich CDU/CSU und FDP in ihren Programmen ganz gerne auf die Schlagwörter Frauenförderung und Gleichberechtigung, doch abkaufen kann ich es ihnen nicht. Einerseits wegen der offensichtlich niedrigen Zahlen von Frauen in der eigenen Fraktion.
Andererseits spricht auch die Politik der Parteien eine andere Sprache. Das beste Beispiel ist das Festhalten der CDU am Ehegattensplitting - ein Gesetz aus den 1950er-Jahren, das in vielen Fällen dazu führt, dass sich für viele Frauen Erwerbstätigkeit gar nicht lohnt. Eine indirekte Förderung der traditionellen Rollenbilder.
Alle reden von Gleichberechtigung. Wo ist die?
Vor ein paar Tagen titelte die Österreichische Zeitung 'Der Standard': "Seit 1949 saßen doppelt so viele Männer für CSU und CDU im Bundestag wie Frauen für alle Parteien". Das ist starker Tobak!
Im Grundgesetz ist die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verankert. Doch ausgerechnet bei einer der wichtigsten Aufgaben überhaupt, nämlich der Repräsentation der Gesellschaft durch den Deutschen Bundestag, wird deutlich, dass Gleichberechtigung noch lange nicht verwirklicht ist.
Gleichberechtigung fängt da an, wo genau so viele Frauen wie Männer mitbestimmen, welche Politik gemacht wird. Und sie hört da auf, wo Politikerinnen sich immer noch Fragen anhören müssen, die Männern erst gar nicht gestellt werden. Oder könnte sich ernsthaft jemand vorstellen, dass ein Mann, gar ein Kanzlerkandidat gefragt wird, wie er Karriere und Kinder unter einen Hut bringt? Klassische Rollenbilder sind in Politik und Gesellschaft immer noch viel zu tief verankert.
Parität und Quote?
Wie haben es die Grünen also geschafft, sogar mehr Frauen als Männer in ihre Fraktion zu bekommen? Ganz einfach: Sie besetzen unter anderem ihre Wahllisten paritätisch, also mit ebenso vielen Männern wie Frauen. Die anderen Parteien sollten sich ein Beispiel daran nehmen.
Ich sag es ganz offen: Ich bin für die Frauenquote, und zwar auch im Bundestag. Warum? Weil es ohne sie keine Gleichberechtigung geben kann. Das zeigen ja die vergangenen Jahre. Ich kann das Argument, dass dann ja Frauen in Positionen kämen, für die sie nicht gut genug seien, nicht mehr hören. Denn in einem bin ich mir sicher: Es gibt definitiv genügend top qualifizierte Frauen! Nur wird es ihnen immer noch viel zu schwer gemacht, die erforderlichen Schritte auch zu gehen. Noch immer erleben Frauen Benachteiligung, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Am Ende müssen sie viel zu oft zurückstecken. Und das liegt vor allem an der konservativen Politik der zurückliegenden Jahre, siehe Ehegattensplitting.
Es gibt eine Studie, die schätzt, dass wir erst in 100 Jahren bei der vollkommenen Gleichberechtigung angekommen sein werden. Das wundert mich nicht, wenn ich mir den neugewählten Deutschen Bundestag anschaue.