EU soll mehr für Verteidigung tun
22. August 2016Die EU-Staaten müssen nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande mehr für Verteidigung und Sicherheit der Union leisten. "Wir spüren angesichts des islamistischen Terrors und angesichts des Bürgerkriegs in Syrien, dass wir mehr für unsere innere und äußeren Sicherheit tun müssen", sagte Merkel nach einem Treffen mit Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi auf dem italienischen Hubschrauberträger "Garibaldi". Die Kooperation bei der Verteidigung solle ausgebaut werden, forderte die Kanzlerin. Auch der Austausch der Nachrichtendienste müsse intensiviert werden.
"Ich habe das Thema Verteidigung in den Vordergrund gestellt", sagte Hollande mit Hinweis auf das Gespräch der drei Politiker. Die EU solle zusätzliche Mittel in die gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen stecken. Frankreich werde seinen Beitrag dazu leisten. Auch Hollande forderte eine engere Zusammenarbeit der Geheimdienste. Vor allem Frankreich war in den vergangenen Monaten mehrfach Ziel islamistischer Anschläge.
Bei der Aufgabe, die Grenzschutzmechanismen zu verbessern, sei die EU bereits vorangekommen. Als Fortschritt nannte Merkel, "dass Europa ein vollkommen neues Frontex auf die Beine gestellt hat". Auch Deutschland habe dabei seine Position geändert: Nachdem es sich jahrelang dagegen gewehrt habe, "dass Zuständigkeiten beim Grenzschutz europäisiert werden", arbeite es heute in der EU-Grenzschutzagentur Frontex intensiv mit den anderen Mitgliedstaaten zusammen. Der Grenzschutz sei "eine der ganz großen Aufgaben für die Europäische Union, um die Freizügigkeit im Inneren auch weiter erhalten zu können", sagte Merkel.
Als weiteres Thema des Dreier-Treffens nannte Merkel Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Die EU sei noch nicht in allen Bereichen der wettbewerbsfähigste Akteur. So gebe es in anderen Teilen der Welt - etwa im digitalen Bereich - bedeutende Innovationen. "Wir müssen die Ambition haben, hier vorne mit dabei zu sein", sagte die Kanzlerin. Hollande betonte, dass die EU auch ausreichende Solidarität für die EU-Bürger garantieren müsse.
Die Staats- und Regierungschefs der drei - abgesehen von Großbritannien - bevölkerungsreichsten EU-Staaten hatten bereits Ende Juni eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie eine handlungsfähigere EU in drei Bereichen gefordert hatten: Sicherheit, Wohlstand und Wirtschaft sowie mehr Programme für die Jugend in den EU-Ländern.
Das Treffen diente auch der Vorbereitung auf den informellen Gipfel der 27 EU-Staaten ohne Großbritannien in Bratislava am 16. September. Dort wollen die EU-Regierungen den weiteren Kurs in der Union als auch den Umgang mit der Londoner Regierung nach dem Votum der Briten für den Ausstieg aus der EU festlegen.
"In finstersten Zeiten entstanden"
Merkel räumte ein, Europa stehe auf dem Prüfstand. Man respektiere die Entscheidung Großbritanniens zu einem Ausstieg aus der EU, wolle aber auch deutlich machen, "dass die anderen 27 auf ein prosperierendes und auf ein sicheres Europa setzen".
Die Kanzlerin sagte, mit dem Besuch am Grab des Europavordenkers und italienischen Antifaschisten Altiere Spinelli habe sie gemeinsam mit Hollande und Renzi "deutlich gemacht, dass wir wissen, woher diese Europäische Union kommt. Dass sie in finstersten Zeiten Europas entstanden ist und vorgedacht wurde." Die "gute Botschaft unserer Zeit" sei, dass aus dieser Vision Realität geworden sei. Nun müsse man daran arbeiten, "den Menschen wieder ein sicheres Europa zu garantieren und gleichzeitig die Werte Europas zu leben".
Hollande und Renzi verteidigten das Treffen der drei größten kontinentalen EU-Staaten. "Wir werden nicht für die anderen entscheiden, aber wir müssen uns selbst engagieren", sagte Frankreichs Präsident. Renzi kündigte Gespräche auch mit der EU-Kommission und anderen Staaten an. Merkel wird diese Woche insgesamt 15 EU-Regierungschefs treffen. Am Donnerstag kommen sozialdemokratische Parteivorsitzende und Regierungschefs in Paris zur Vorbereitung des Bratislava-Gipfels zusammen.
stu/sti (afp, dpa, rtr)