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Neue Debatte über Verteidigungsausgaben

Jennifer Abramsohn (Übersetzung: Nele Jensch)8. September 2006

Seit Ende des Kalten Krieges sucht die Bundeswehr nach einem neuen Profil. Merkel will sie dabei unterstützen - eventuell auch finanziell. Darüber, wie die Reform im Einzelnen aussehen soll, herrscht Uneinigkeit.

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Merkel und Verteidigungsminister Jung erwägen eine Erhöhung des VerteidigungsetatsBild: AP

Seit 1990 hat sich der Fokus der Bundeswehr auf Friedenssicherung und humanitäre Missionen weltweit verlagert: Im Moment sind deutsche Soldaten in elf internationalen Missionen im Einsatz, vom Kosovo bis zur Demokratischen Republik Kongo. Wenn Deutschland tatsächlich Truppen in den Libanon entsendet, wären es zwölf.

"Verteidigungsetat ist nicht sakrosankt"

Schlechte Tarnung
Deutsche im Kongo: weltweit in elf Missionen im EinsatzBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel weist darauf hin, dass Deutschland gemessen am Bruttosozialprodukt weniger Geld in seine Verteidigung investiert als viele andere EU-Staaten und erheblich weniger als die USA. Auch wenn es nicht darum gehe, jemanden zu überholen, sei eine Erhöhung des Verteidigungsetats nicht ausgeschlossen: "Man wird nicht sagen können, dass die Verteidigungsausgaben in den nächsten 20 Jahren sakrosankt sind", sagte sie der "Zeit" am Mittwoch (6.9.2006) "Eine deutsche Regierung kann jetzt nicht sagen: ‘In den nächsten Jahrzehnten bitte keine neuen Konflikte, weil wir uns das nicht leisten können!’"

Einen Plan zur Modernisierung der Bundeswehr gibt es seit mehreren Jahren. Bis 2010 soll er komplett umgesetzt sein und die Bundeswehr von dem schwerfälligen Giganten, geschaffen zur Verteidigung der eigenen Grenzen, in eine geschmeidige Organisation verwandelt haben, die fähig ist, in Konflikten überall auf der Welt einzugreifen.

Bundeswehrverband erfreut über Merkels Pläne

Dass Auslandseinsätze zu den Aufgaben der Bundeswehr gehören, ist unumstritten. Es gibt jedoch zahlreiche Klagen darüber, dass das Budget dafür bisher unzureichend ist. Bernhard Gertz, Vorsitzender der Lobbyistengruppe "Deutscher BundeswehrVerband" (DBwV) begrüßt Merkels Äußerungen: Sie wisse, dass die wachsende Zahl der Einsätze und die dafür nötigen Investitonen "den bestehenden Verteidigungsetat überfordern." Gertz sähe es gern, wenn der derzeitige Wehretat um eine halbe Milliarde Euro erhöht werden würde.

Bundestag Kongo Einsatz für die Bundeswehr Angela Merkel
Merkel mit Luftwaffenoffizier - "Der Kalte Krieg ist vorbei"Bild: AP

"Irritiert" zeigte sich Gertz von Merkels Überlegungen, die Struktur der deutschen Truppe zu überprüfen, da die Bundeswehr bereits mitten in einer Umstrukturierungsphase stecke. Deren Ziel ist die Aufstockung der Einsatzkräfte bis 2010. Gertz glaube nicht, dass die Kanzlerin eine weitere Reform wolle.

Forderung nach vernünftigeren Militärmandaten

Angelika Beer, Abgeordnete im Europäischen Parlament von Bündnis 90/Den Grünen, hält es für notwendig, dass die deutsche Armee vor Einsätzen klarere Aufträge bekommt: "Wenn Frau Merkel über eine Erhöhung des Verteidigungsetats reden will, trotz angespannter Haushaltslage und Sparpolitik im sozialen Bereich, müsste zunächst der Auftrag der Bundeswehr klar definiert werden", so Beer. Eine Diskussion über die Rolle der deutschen Militärkräfte sei schon "lange überfällig".

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Alexander Bonde, der sowohl im Verteidigungs- als auch im Haushaltsausschuss des Bundestages sitzt, äußert sich ebenfalls negativ über Merkels Aussagen. Die Bundeswehrreform habe unter dem derzeitigen Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) eine falsche Richtung eingeschlagen, sagte Bonde.

"Wir brauchen Spezialisten"

Deutsche Truppen in Mazedonien
Kosovo-Konflikt 1999: erster Kampfeinsatz der Bundeswehr nach dem Zweiten WeltkriegBild: AP

Jung fokussiere sich auf die Rekrutierung von Wehrpflichtigen anstatt darauf, militärische Spezialisten auszubilden, kritisiert Bonde. Dadurch "verlangsamt er nicht nur den Reformprozess, sondern kehrt ihn in einigen Punkten komplett um."

Bonde ist der Ansicht, dass "wir Spezialisten brauchen, die für Einsätze ausgebildet sind". Er sähe nicht ein, dass "Geld in veraltete Funktionen investiert wird, die darauf ausgelegt waren, den Kalten Krieg zu gewinnen - denn der ist vorbei." Mittlerweile würden aber auch die Konservativen einsehen, dass die Bundeswehr für die Herausforderungen der heutigen Welt nicht bereit sei.

"Ich denke, Merkel unterschätzt, wie viel Geld und Ressourcen dadurch verschwendet werden, dass wir die falschen Strukturen haben", sagt Bode. "Sie hat die Veränderungen unterschätzt, die in der Bundeswehr notwendig sind."