Neuer Bankenlobbyist verteidigt sich
11. April 2016Der Chef der Privatbank Berenberg und neue Präsident des Bankenverbandes BdB, Hans-Walter Peters (Bild oben), sieht sein Institut nach der Enthüllung der "Panama Papers" zu Unrecht in der Kritik. "Alle unsere Geschäfte sind zu 100 Prozent sauber", sagte Peters der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS): "Es gibt kein einziges Depot, von dem wir den Menschen dahinter, den wirtschaftlich Berechtigten, nicht kennen."
In den Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, über die seit einer Woche ein internationales Recherche-Netzwerk berichtet, taucht auch Berenberg auf. Die Bank soll 13 Briefkastenfirmen vermittelt und 76 Offshore-Konten bereitgestellt haben.
"Es war und ist nicht unser Geschäftsmodell, an der Gründung von Briefkastenfirmen mitzuwirken", sagte Peters. Richtig sei, dass Berenberg in der Schweiz Konten von Gesellschaften geführt habe, die Kunden von Mossack Fonseca in Kanada seien. Aber auch in Zürich sei "alles legal, permanent von den Behörden und Wirtschaftsprüfern geprüft" und ohne Beanstandung gelaufen.
Die Schweizer Berenberg habe mit der Vermögensverwaltungssparte der panamaischen Kanzlei als Depotbank zusammengearbeitet und sei nur für die Depotführung und die Umsetzung von Transaktionen zuständig gewesen. "Alles andere wurde von der Vermögensverwaltungsgesellschaft aus veranlasst", sagte Peters.
Schulterschluss mit Schäuble
Am Montagabend wurde Peters beim Jahresempfang des BdB offiziell in sein neues Amt als Verbandspräsident eingeführt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hielt die Festrede. Dabei warb er für seinen 10-Punkte-Plan gegen weltweite Steueroasen. Schäuble warnte dabei vor zu viel Euphorie. Es sei leicht, weltweite Lösungen zu fordern, aber "verdammt schwer", diese auch zu erreichen.
Schäuble will über einen Ausbau des automatischen Informationsaustauschs zu Steuerfragen und Finanzdaten unter mehr Staaten die exzessive Nutzung von Briefkastenfirmen eindämmen. Auch eine stärkere Vernetzung nationaler Firmenregistern ist im Gespräch. Eine volle Veröffentlichung solcher Daten, wie sie Nicht-Regierungsorganisationen fordern, lehnte Schäuble allerdings ab. "Ich bin nicht dafür, dies zu verwechseln mit der totalen Transparenz im Internet." Wichtig sei, dass zuständigen Behörden Zugang hätten.
Der bisherige BdB-Präsident, Jürgen Fitschen, Co-Vorstandschef der Deutschen Bank, gab am Abend sein Amt als Verbandspräsident turnusgemäß ab. Zu den Plänen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte er sich schon am Nachmittag geäußert. "Dem kann man nur beipflichten." Die vorgeschlagenen Meldepflichten seien auch im Sinne der Banken, so Fitschen.
Forderungen an den Finanzminister
Fitschens Nachfolger Peters hatte am Wochenende im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" darauf hingewiesen, dass die deutschen Banken bereits "umfangreichen Melde- und Compliancevorschriften, denen sie gewissenhaft nachkommen", unterlägen. Peters fordert sogar weitere Deregulierungen für seine Branche. Stabile Regeln seien zwar wichtig für einen stabilen Finanzmarkt, sagte der neue Chef-Lobbyist des deutschen Geldgewerbes, aber: "Die Fülle und Komplexität der Regulierung droht nicht nur Institute, sondern zunehmend auch Aufsicht und Kunden zu überfordern."
Geldhäuser in Europa müssten auf Augenhöhe und unter gleichen Wettbewerbsbedingungen operieren. Nationale Sonderregelungen würden Banken zusätzlich belasten. Als Beispiel nannte Peters die Bankenabgabe, deren Abzugsfähigkeit nach dem Steuerrecht dringend geboten, vom Gesetzgeber aber ausdrücklich nicht vorgesehen sei. Zudem seien die sogenannten Berater- und Kundebeschwerderegister zu aufwendig.
Nach Peters' Meinung zerre die Zinspolitik der EZB an den Zinsmargen, der Haupteinnahmequelle vieler Institute. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, schreibt dagegen gemeinsam mit sechs weiteren Ökonomen in der "FAS", die deutschen Kritiker der EZB machten zwei große Fehler: "Erstens übersehen sie, dass trotz aller Nebenwirkungen der gegenwärtigen EZB-Geldpolitik die Konsequenzen eines Nichtstuns deutlich schlechter wären. Zweitens bieten sie keine konstruktive Alternative an." Deutschland komme eine tragende Rolle dabei zu, konstruktive Antworten auf die europäische Krise zu formulieren.
Stabwechsel in trüben Zeiten
Der Führungswechsel im Branchenverband erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Stimmung innerhalb des deutschen Bankengewerbes ausgesprochen trübe ist. 42 Prozent der Banken rechnen in diesem Jahr mit einer Verschlechterung ihrer Lage, wie aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) hervorgeht. Nur 31 Prozent der Kreditinstitute gehen demnach von einer Verbesserung ihrer Lage aus.
EY befragte nach eigenen Angaben 250 Banken in mehreren europäischen Ländern. In Deutschland hätten 72 Institute an der Umfrage teilgenommen.
Viele dieser Institute wollen Stellen streichen: Bei 61 Prozent der Institute sollen Arbeitsplätze wegfallen, nur 14 Prozent planen neue Jobs ein. Hauptgründe für den Sparkurs der Banken seien zum einen das historisch niedrige Zinsniveau, das die Zinsmargen der Institute schrumpfen lässt, und zum anderen die hohen regulatorischen Anforderungen an die Banken, erklärte EY.
Im europäischen Vergleich sind deutsche Banken demnach besonders pessimistisch: Europaweit rechnen 52 Prozent der Kreditinstitute in diesem Jahr mit besseren Geschäften, nur 23 Prozent mit einer Eintrübung. Laut Umfrage planen 52 Prozent der Banken in Europa dieses Jahr einen Stellenabbau, 26 Prozent rechnen mit zusätzlichen Neueinstellungen.
dk/hb(rtr/dpa/afp)