"Ocean Viking" darf in Ravenna anlegen
28. Dezember 2022Nach der Rettung von 113 Bootsflüchtlingen durch die "Ocean Viking" haben Italiens Behörden dem Rettungsschiff einen sicheren Hafen zugewiesen. Doch dieser liegt laut Angaben von SOS Méditerranée noch knapp 1700 Kilometer entfernt. Zwar sei man erleichtert, aber auch besorgt, denn die Fahrt bedeute weitere "vier lange Tage Fahrt" für die Flüchtlinge, unter denen auch mehrere Babys und schwangere Frauen seien.
Dass der Hafen so weit entfernt liege, lasse zudem befürchten, dass die "Ocean Viking" andere Bootsflüchtlinge in Not nicht retten könne, so die Hilfsorganisation. Denn derzeit sei die "Ocean Viking" das einzige Rettungsschiff einer Nichtregierungsorganisation im zentralen Mittelmeer.
Die Besatzung hatte die 113 Menschen nach Angaben der Organisation in der Nacht zu Dienstag aus einem überfüllten Schlauchboot "in völliger Dunkelheit" gerettet. Darunter seien 23 Frauen, einige schwanger, etwa 30 unbegleitete Minderjährige sowie drei Babys, teilte die Organisation mit Sitz in Marseille mit. Das jüngste Baby ist demnach erst drei Wochen alt.
Italien plant neue Regeln für zivile Seenotrettung
Es handelte sich um den ersten Rettungseinsatz der "Ocean Viking" seit ihrer Ankunft in Frankreich im November nach einem diplomatischen Streit zwischen den Regierungen in Paris und Rom. Mit 230 zwischen Italien und Libyen geretteten Migranten an Bord hatte das Schiff in Toulon im Südosten Frankreichs anlegen können.
Zuvor hatte die Besatzung der "Ocean Viking" drei Wochen lang nach einem sicheren Hafen gesucht. Die neue rechtsgerichtete Regierung in Rom unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte dem Rettungsschiff das Anlegen in einem italienischen Hafen verweigert. Medienberichten zufolge will die Regierung Italiens demnächst neue Regelungen für die zivilen Seenotretter auf den Weg bringen, deren Einsätze sie immer wieder kritisiert.
Fast 2000 Menschen sind 2022 im Mittelmeer verschollen
Seit Jahresbeginn sind im Mittelmeer fast 2000 Flüchtlinge ertrunken oder gelten als vermisst. Laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gilt das zentrale Mittelmeer als die gefährlichste Fluchtroute der Welt. Jedes Jahr versuchen tausende Menschen, vor Konflikten, Armut und/oder den Auswirkungen des Klimawandels über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen. Von der libyschen Küste nach Italien sind es rund 300 Kilometer.
Gerade im Winter ist die Überfahrt wegen der Gefahr durch schlechtes Wetter und raue Seebedingungen riskant. Viele Flüchtende legen mangels anderer Möglichkeiten zudem häufig in meist seeuntauglichen Booten ab. Der Großteil erreicht Italien, wo laut dem Innenministerium 2022 bislang mehr als 98.700 Menschen ankamen und damit gut 35.000 mehr als im selben Vorjahreszeitraum.
cw/sti (dpa, afp)