Das Himmels- und Raumfahrtjahr 2020
8. Januar 20202020 wird ein Mars-Jahr. Anfang Oktober nähert sich der rote Planet der Erde auf 62 Millionen Kilometer – daher bietet dieses Jahr eine gute Gelegenheit, Raumsonden zum äußeren Nachbarplaneten zu schicken.
Gleich vier Missionen sind geplant: Europas Weltraumorganisation ESA will ihren ExoMars-Rover mit einer russischen Proton-Rakete von Baikonur aus auf den Weg schicken. ExoMars soll auf dem Mars landen und im Boden nach Spuren früheren Lebens suchen. Eventuell stecken sogar heute noch Mikroben einen halben Meter tief unter der Oberfläche, auf der Leben, wie wir es kennen, wegen der starken kosmischen Strahlung nicht möglich ist.
Die NASA schickt "Mars 2020" auf den Weg, der ebenfalls im roten Sand aufsetzen soll. Der Rover soll den Boden auf kohlenstoffhaltige Bestandteile untersuchen, aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre Sauerstoff gewinnen und Bodenproben einsammeln, die eine andere Mission in einigen Jahren zur Erde bringen soll.
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China und die Vereinigten Arabischen Emirate erstmals am Mars
China setzt nach den erfolgreichen Mondmissionen der vergangenen Jahre auch auf den Mars. Zur Mission aus dem Reich der Mitte gehören ein Orbiter, der den Mars jahrelang umkreisen soll und ein Lander, der einen Rover auf der Oberfläche aussetzt. Für Europa und China wäre es jeweils die erste geglückte Landung auf dem Mars.
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) drängt es zum Mars: Die Mission Hope soll mit einer japanischen Rakete starten. Der Name ist Programm: Das Land hat noch wenig Raumfahrt-Erfahrung und hofft, mit dieser ersten Planetenmission in neue Weiten vorzustoßen. Der Orbiter soll den Mars umkreisen, wenn 2021 der 50. Jahrestag der Gründung der VAE gefeiert wird.
Chinas nächster Schritt zum Mond
Zudem dürfte China seine Mission Chang'e 5 auf den Weg schicken. Nach der erfolgreichen Landung von Chang'e 4 auf der Rückseite des Mondes Anfang Januar 2019, wird diese Sonde auf der Vorderseite landen. Chang'e 5 soll Bodenproben entnehmen und zurück zur Erde bringen. Das wäre ein sensationeller Schritt: Zuletzt gelangten Mitte der 1970er Jahre Mondproben mit den sowjetischen Luna-Sonden zur Erde zurück.
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Deutsche Technik auf dem Weg zum Mond
Mit etwas Glück startet Ende 2020 auch das Orion-Raumschiff von NASA und ESA zur Jungfernreise zum Mond. Vier Wochen lang soll es im Rahmen der Mission Artemis-1 im All bleiben und davon einige Tage lang den Mond umkreisen.
Menschen sind beim Erstflug noch nicht an Bord, dafür aber zwei Puppen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, die mit Tausenden Sensoren messen, welchen Bedingungen Menschen an Bord ausgesetzt wären. Die Orion-Kapsel stammt von der NASA, die ESA liefert das Servicemodul, gleichsam den Motorblock. Das Servicemodul, das bei Airbus in Bremen gebaut wird, sorgt für für Antrieb, Navigation, Steuerung und die Versorgung mit Luft, Wasser und Treibstoff.
Mondfinsternisse: vier Enttäuschungen
So aufregend der Mond als Raumfahrtziel ist, so enttäuschend sind 2020 seine Finsternisse. Viermal wandert der Mond leider nur durch den Halbschatten der Erde. Für Laien ist das kaum zu bemerken. Zum Höhepunkt einer Halbschatten-Finsternis ist die Mondscheibe immer noch komplett rund zu sehen. Ein Teil des Mondes erscheint lediglich minimal dunkler als der Rest.
Am 10. Januar ist von 18 bis 20 Uhr Weltzeit die Südhälfte des Vollmondes von einem leichten Braun-Grau-Schleier überzogen. Am 5. Juni ist dies von etwa 18.30 bis 20.30 Uhr Weltzeit zu erkennen. Am 5. Juli erscheint die Nordhälfte des Vollmondes von 3 bis 4 Uhr Weltzeit minimal schwächer, am 30. November von etwa 9 bis 10.30 Uhr Weltzeit.
Diese Halbschattenfinsternisse sind überall dort auf der Erde zu verfolgen, wo der Mond zu diesen Zeiten am Himmel zu sehen ist.
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Zwei Sonnenfinsternisse
Bei der Sonne sieht es mit den Finsternissen deutlich besser aus. Am 21. Juni, keine 24 Stunden nach dem Sommeranfang auf der Nordhalbkugel der Erde, kommt es zu einer ringförmigen Sonnenfinsternis.
Entlang eines über 14.000 Kilometer langen, aber nur etwas mehr als 20 Kilometer schmalen Streifens schiebt sich der Neumond vor die Sonne. Allerdings ist die Mondscheibe nicht groß genug, um die Sonne komplett abzudecken. Auch zum Höhepunkt der Finsternis bleibt ein Sonnenring rund um den Mond zu sehen, so wie ein 2-Euro-Stück hinter einem auf ihm liegenden 1-Euro-Stück hervor guckt.
Der Streifen der ringförmigen Verfinsterung läuft vom Kongo, über Südsudan, Äthiopien, Eritrea, Jemen, Saudi-Arabien, Oman, Pakistan, Nordindien, Südchina, Taiwan bis in den Pazifik südlich von Guam. In weiten Teilen Afrikas, Asiens, in Indonesien und im nördlichen Australien ist diese Finsternis zumindest partiell zu sehen. Global betrachtet beginnt sie am 21. Juni um 3:46 und endet um 9:34 Uhr Weltzeit. An einem bestimmten Ort dauert die Finsternis aber jeweils nur maximal gut zwei Stunden.
Dunkle Sonne über Chile und Argentinien
Das Himmelsereignis des Jahres ist die totale Sonnenfinsternis am 14. Dezember. In einem gut 90 Kilometer breiten Streifen schiebt sich der Neumond komplett vor die Sonne. Für maximal 2 Minuten und 10 Sekunden wird der Tag zur Nacht: Die hellsten Sterne sind am Himmel zu sehen und rund um die dunkle Mondscheibe zeigt sich die flammende Sonnenatmosphäre, die Korona. Der Totalitätsstreifen läuft leider zumeist über das Meer.
Die Totalität beginnt am 14. Dezember um 14:33 Uhr Weltzeit im Südpazifik und endet um 17:54 Uhr Weltzeit im Südatlantik vor der Küste Namibias.
Aber die Finsternisfans haben Glück: Der Höhepunkt der Finsternis findet über Land statt. Von etwa 16:00 bis 16:25 Uhr Weltzeit kreuzt der Mondschatten den Süden Chiles und Argentiniens.
Partiell ist diese Finsternis in weiten Teilen des Südpazifiks, Südamerikas, der Antarktis, des Südatlantik, Namibias und Südafrikas zu sehen. Dort erscheint die Sonne wie ein angebissener Keks, weil der Mond nur einen Teil der hellen Scheibe abdeckt.
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Achtung! Beim Betrachten des Himmelsereignisses sind immer geeignete Schutzbrillen notwendig. Normale Sonnenbrillen sind keine Schutzbrillen! Ungeschützt in die Sonne zu blicken, kann die Augen zerstören und zu völliger Erblindung führen!
Solar Orbiter: Die ESA/NASA-Sonnensonde
Auch die Raumsonde Solar Orbiter beschäftigt sich mit der Sonne. Am 5. Februar soll die gemeinsame Mission von ESA und NASA von Cape Canaveral aus ins All starten. Die Sonde wird die geladenen Teilchen untersuchen, die unser Stern ins All pustet.
Mit Kameras im Röntgen-, Ultraviolett- und sichtbaren Licht macht der Solar Orbiter detailreiche Aufnahmen der Oberfläche und der Atmosphäre der Sonne. Diese Mission wird die Sonne buchstäblich aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Denn ihre Bahnneigung nimmt während des kommenden Jahrzehnts immer weiter zu – auf bis zu 33 Grad gegen den Sonnenäquator.
Dann lassen sich auch die Pole gut beobachten, die von der Erde aus praktisch unsichtbar sind. Zudem nähert sich die Sonde unserem Stern auf bis zu 42 Millionen Kilometer – sie kommt der Sonne deutlich näher als der Planet Merkur.
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Das Jahr der drei Planeten: Mars, Jupiter und Saturn
Mars, das große Raumfahrtziel des Jahres, ist das ganze Jahr über am Himmel zu sehen. Im ersten Halbjahr ist er ein Objekt des Morgenhimmels. Ab Juli zeigt sich der helle rötliche Lichtpunkt dann auch schon vor Mitternacht. Von September bis Dezember ist er im Sternbild Fische praktisch die ganze Nacht über zu bestaunen.
Der Riesenplanet Jupiter befindet sich am 14. Juli in seiner besten Stellung des Jahres. Er strahlt dann im Sternbild Schütze die ganze Nacht hindurch unübersehbar am Firmament. Erst Anfang des nächsten Jahres verschwindet er vom Abendhimmel.
Der Ringplanet Saturn steht ebenfalls im Sternbild Schütze und ist am 20. Juli besonders gut zu beobachten – Jupiter und Saturn sind die Stars der langen Winternächte auf der Südhalbkugel.
Nur alle 20 Jahre: Jupiter trifft Saturn
Von Mai bis Dezember bilden Jupiter und Saturn, die beiden größten Planeten im Sonnensystem, ein hübsches Gespann am abendlichen Firmament – sichtbar in allen Teilen der Welt (von arktischen Regionen abgesehen), aber besonders gut auf der südlichen Hemisphäre.
Der Höhepunkt dieser Jupiter-Saturn-Festspiele wird am 21. Dezember erreicht. Dann überholt der schnellere Jupiter den deutlich langsameren Ringplaneten. Nur alle 20 Jahre stehen Jupiter und Saturn so dicht am Himmel beieinander!
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Unser innerer Nachbarplanet Venus strahlt noch bis Mai als Abendstern. Ab Mitte Juni zeigt sie sich für den Rest des Jahres am Morgenhimmel. Anfang April passiert die Venus den offenen Sternhaufen der Plejaden im Sternbild Stier – für Himmelsfans immer ein besonders hübscher Anblick.
Starten wieder US-Raumschiffe zur Raumstation?
2020 könnte ein Jahr des Umbruchs für die US-Raumfahrt werden. Bisher haben SpaceX und Boeing im Auftrag der NASA die Internationale Raumstation nur mit Material versorgt. Nun wollen die Unternehmen endlich auch Menschen ins All bringen. Die bemannte Version der Dragon-Kapsel von SpaceX wurde zwar schon vor sechs Jahren vorgestellt, ist bisher aber noch nie mit Menschen an Bord geflogen. Auch beim Mitbewerber Boeing lief nicht alles glatt: Dessen Starliner-Kapsel ist kurz vor Weihnachten 2019 zwar ins All geflogen, hat aber wegen eines Computerfehlers an Bord nicht die ISS erreicht. Beide Kapseln müssen weitere Sicherheitstests absolvieren.
Geht alles gut, dann könnten vielleicht Mitte des Jahres wieder US-Astronauten vom Territorium der USA aus zur ISS reisen. Es wäre das Ende einer neun Jahre langen Durststrecke: Seit dem Ausmustern der Space-Shuttle-Flotte Mitte 2011 sind Menschen nur mit russischen Soyuz-Kapseln zur Raumstation gelangt.
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Ariane-6, Europas neue Rakete
Heiligabend 2019 hat sich der Erstflug von Europas Rakete Ariane zum 40. Mal gejährt. Mehr als 250mal ist eine Ariane ins All gestartet. Die aktuelle Ariane-5 wird allmählich ausgemustert. Die neue Version, Ariane-6, könnte kurz vor Weihnachten 2020 erstmals abheben. Diese Rakete ist deutlich preiswerter und flexibler, aber genauso leistungsstark wie die Ariane-5. Mit ihr reagieren die ESA und die europäischen Raumfahrtfirmen auf die zunehmende Konkurrenz durch kommerzielle Anbieter, insbesondere SpaceX aus den USA.
Hubble-Jubiläum und ein gutes Sternschnuppenjahr!
Am 24. April jährt sich der Start des Hubble-Weltraumteleskops zum 30. Mal. Ein Auto gilt nach 30 Jahren längst als Oldtimer oder ist schon auf dem Schrottplatz, doch das von NASA und ESA betriebene Welraumteleskop ist noch immer perfekt in Schuss. Es liefert den Astronominnen und Astronomen einzigartige Daten aus den Tiefen des Weltalls und verzaubert die Menschen außerhalb der Wissenschaft mit seinen grandiosen Bildern, die es von Planeten, Sternhaufen, Gasnebeln und Galaxien macht.
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Das Hubble-Team feiert mit viel Begeisterung, aber auch schon etwas Wehmut. Denn seit dem Ausmustern der Space Shuttle-Flotte sind keine Service-Missionen mehr möglich. Fünfmal ist Hubble in der Umlaufbahn gewartet und repariert worden, zuletzt 2009. Im Laufe der 2020er Jahre dürften einige der Kameras und Messinstrumente ausfallen – aber Astrofans hoffen auf noch etliche produktive Jahre des legendären Teleskops.
Während im vergangenen Jahr alle wichtigen Sternschnuppenströme wegen hellen Mondlichts nur schwierig zu beobachten waren, sieht es 2020 viel besser aus: Bei den Perseiden, die vom 9. bis 13. August über den Himmel huschen, stört der abnehmende Halbmond noch ein wenig. Doch die Leoniden am 16. und 17. November und die Geminiden vom 12. bis 15. Dezember finden rund um Neumond in wunderbar dunklen Nächten statt.
Im übrigen gilt auch 2020: Der Blick ans Firmament lohnt sich immer – und es kann jederzeit eine wunderbare Sternschnuppe über das Himmelszelt huschen.
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