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Diktator als Ukraine-Vermittler

30. Juli 2014

Es ist ein unerwarteter Schachzug. Der ukrainische Präsident Poroschenko hat im Ukraine-Konflikt einen neuen Vermittler eingebunden: den weißrussischen Staatschef Lukaschenko. Der gilt als letzter Diktator Europas.

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Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mit Soldaten (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Im Ukraine-Konflikt hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko neue Verhandlungen mit der russischen Seite im autoritär geführten Weißrussland vorgeschlagen. Poroschenko habe dem weißrussischen Staatschef Alexander Lukaschenko angeboten, an einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Minsk mitzuwirken, teilte das Präsidialamt in Kiew mit. Lukaschenko, der auch bei Poroschenkos Amtseinführung zugegen war, hat bereits zugesagt. Sein Land komme der Bitte des ukrainischen Präsidenten nach, teilte Lukaschenkos Büro mit. Demnach könnte das Treffen am Donnerstag stattfinden.

Gemäß der Offerte könnten der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma, der russische Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow, sowie ein Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der weißrussischen Hauptstadt verhandeln. Sie gehören der Ukraine-Kontaktgruppe an.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko (Foto: AFP)
Europas letzter Diktator als Vermittler: Alexander LukaschenkoBild: Genya Savilov/AFP/Getty Images

Allerdings gab es keine Hinweise darauf, dass auch Vertreter der Separatisten an den vorgesehenen Gesprächen teilnehmen werden. In der Erklärung des weißrussischen Präsidialamtes hieß es lediglich, alle interessierten Parteien seien eingeladen. Ziel solle sein, dass internationale Experten Zugang zur MH17-Absturzstelle im Osten der Ukraine erhielten. Zudem solle über die "Freilassung aller Geiseln" in der Gewalt der prorussischen Separatisten gesprochen werden. Flug MH17 von Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord war am 17. Juli im Osten der Ukraine abgestürzt. Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und den Rebellen machen internationalen Experten den Zugang zum Unglücksort zur Zeit unmöglich.

Erstmals EU-Wirtschaftssanktionen

Die Europäische Union und die USA verstärken derweil den Druck auf Russland. Die Botschafter der 28 EU-Mitgliedstaaten einigten sich in Brüssel auf ein Paket von Strafmaßnahmen, wobei erstmals Wirtschaftssanktionen im Mittelpunkt stehen. Russsischen Banken wird der Zugang zu den EU-Finanzmärkten erschwert, künftige Rüstungslieferungen werden verboten. Einzelheiten sollen am Donnerstagabend veröffentlicht werden.

Nur Stunden später zog US-Präsident Barack Obama nach und setzte drei weitere Banken auf die US-Sanktionsliste. Dadurch werde der Zugang zu mittel- und langfristiger Dollarfinanzierung erschwert, hieß es. Betroffen seien auch das größte russische Schiffsbau-Unternehmen, Technologiefirmen im Militärbereich sowie Unternehmen aus der Ölbranche. Damit erhielten die bisherigen Sanktionen "mehr Biss", sagte Obama. Er fügte hinzu, es gebe Hinweise, dass Russland die Separatisten in der Ostukraine weiter mit schweren Waffen versorge. "Russland isoliert sich heute erneut selbst von der internationalen Gemeinschaft." Auf Fragen fügte Obama allerdings hinzu: "Dies ist kein Kalter Krieg."

"Scharfe Warnung"

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bezeichnete die Strafmaßnahmen der Europäischen Union als "scharfe Warnung", Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte sie "unumgänglich". Die russische Führung müsse nun entscheiden, ob sie den Weg der Deeskalation und der Zusammenarbeit einschlagen wolle. "Die Sanktionen der EU können überprüft werden, es sind aber auch zusätzliche Schritte möglich", sagte die CDU-Politikerin.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dringt darauf, den Gesprächsfaden im Ukraine-Konflikt nicht abreißen zu lassen. "Sanktionen allein sind noch keine Politik", erklärte er in Berlin. Das geplante Treffen in Minsk müsse Schritte zu einer Waffenruhe vereinbaren.

Gegenmaßnahmen aus Russland

Die russische Seite reagierte auf die Sanktionen des Westens mit ersten Gegenmaßnahmen. Moskau verbietet ab Freitag weitgehend den Import von Obst und Gemüse aus dem EU-Land Polen, einem seiner wichtigsten Lieferanten für Frischwaren.

Der vom Westen mit Sanktionen belegte tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow hat unterdessen humanitäre Hilfe von 7,5 Millionen US-Dollar (5,6 Millionen Euro) für die Ostukraine angewiesen. Das Geld sei für die medizinische Versorgung der Bevölkerung bestimmt, teilte Kadyrow im sozialen Netzwerk Instagram mit.

Unterstützt würden die von Kiew nicht anerkannten "Volksrepubliken Donezk und Luhansk". Russische Medien berichten, die Hilfe sei eine Reaktion Kadyrows auf die Ankündigung der USA, der prowestlichen Führung in Kiew für den Wiederaufbau in der Ostukraine sieben Millionen US-Dollar bereitzustellen.

jj/se (dpa, afp)