"Querkopf" lässt SPD-Fraktion schrumpfen
27. November 2018Der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow kehrt der SPD den Rücken. "Nach reiflicher Überlegung, ohne Häme, sondern mehr mit Traurigkeit, habe ich mich entschlossen, aus der SPD auszutreten", sagte der 47-jährige in Berlin. Dem Bundestag will er als fraktionsloser Abgeordneter weiterhin angehören.
Vor Journalisten übte Bülow herbe Kritik an der SPD. Die von der Parteispitze versprochene Erneuerung sei zu einem "absoluten Lippenbekenntnis" verkommen. Die SPD verteidige ihre Ideale und Werte nicht mehr und habe sich mit dem Neoliberalismus arrangiert. Gegen Armut und soziale Ungleichheit werde nicht mehr entschlossen vorgegangen. "Die SPD ist nicht in der Lage, klare Positionen zu finden und sie ist nicht mehr in der Lage, Menschen mitzunehmen."
Stromlinienförmiger Karriereverein
Als nach den desaströsen Landtagswahl-Ergebnisse in Bayern und Hessen keine Reaktion gekommen sei - weder von der Parteispitze noch von der Basis - habe er die letzte Hoffnung verloren. "Es reicht nicht, sich unterzuhaken, mit einem fancy Debattencamp alles zuzukleistern und so weiterzumachen wie bisher", so Bülow.
Die SPD sei zu einem stromlinienförmigen "Karriereverein" verkommen. Innerparteiliche Vielfalt gebe es nicht mehr, und Kritiker des aktuellen Kurses würden kaltgestellt.
Bülow, der seit 2002 durchgehend als Direktkandidat seines Wahlkreises in Dortmund in den Bundestag gewählt wurde, galt schon länger als "Querkopf" der SPD. In der Vergangenheit stimmte er mehrfach gegen die Linie seiner Fraktion ab. Er hatte sich nach der Bundestagswahl 2017 auch entschieden gegen die Neuauflage der großen Koalition mit CDU und CSU ausgesprochen. Seit längerem trat Bülow zudem als scharfer Kritiker des Kurses der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles in Erscheinung. Zuletzt hatte er sich der "Aufstehen"-Bewegung von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht angeschlossen.
Genossen fordern Konsequenzen
Während der Austritt Bülows von der SPD-Basis vielfach bedauert wird, äußern sich Parteifunktionäre negativ.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Achim Post forderte Bülow auf, sein Bundestagsmandat zurückzugeben. "Die Entscheidung von Marco Bülow ist der Schlusspunkt einer längeren Entwicklung, die für viele keine Überraschung ist", sagte Post, der auch Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD-Landesgruppe ist, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
wa/haz (dpa, RND)/Sabine Kinkartz