Rafsandschani will wieder an die Spitze
14. Mai 2005Die Mitteilung, dass der Ex-Präsident erneut kandidiert, entbehrt nicht einer gewissen Theatralik: Er habe sich vor acht Jahren - als er das Amt verließ - nicht vorgestellt, dass er noch einmal "gezwungen" sein könnte, dorthin zurückzukehren, so Rafsandschani. Er war von 1989 bis 1997 Präsident. Nach eingehenden Beratungen mit den verschiedensten Gruppen und angesichts diverser internationaler Entwicklungen habe er sich jedoch zur Kandidatur entschieden - in "einer der schwersten Entscheidungen" seines Lebens.
Wer ihn denn so bedrängt habe, wieder Präsident zu werden, ließ Rafsandschani wohlweislich unerwähnt. Mit einiger Sicherheit aber kamen solche Forderungen aus dem konservativen Lager. Zwar haben die Konservativen in den Parlamentswahlen des letzten Jahres wieder die überwiegende Mehrheit im Parlament. Für die Präsidentschaftswahlen am 17. Juni aber hatten sie sich bisher nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können.
Viele Kandidaten, aber wenig Chancen
Bei Eröffnung der Kandidaten-Registrierung am 10. Mai 2005 stand fest, dass sich rund vierzig Aspiranten melden würden. Darunter befinden sich auch einige Frauen, die freilich ebenso wenig zugelassen werden dürften wie der Führer der verbotenen "Freiheitsbewegung", Ebrahim Yazdi. Die Reformer, die vor acht Jahren mit dem jetzt scheidenden Präsidenten Mohamad Khatami einen mehrjährigen Siegeszug antraten, sind vor allem mit dem ehemaligen Minister für höhere Bildung, Mostafa Moein, vertreten. Dagegen hat das konservative Lager gleich eine ganze Hand voll Kandidaten. Unter ihnen sind Ali Laridschani, der ehemalige Chef des staatlichen Rundfunks und der ehemalige Außenminister Ali Akbar Velayati, um nur die prominentesten zu nennen.
Rafsandschani machte keinen Hehl daraus, dass er von diesen Kandidaten nichts halte. Sie seien alle nicht in der Lage, dem Iran bei der Lösung seiner gegenwärtigen Probleme zu helfen. Das könne nur einer. Wer - das brauchte er nicht zu sagen. Der Chef des mächtigen "Vermittlungsausschusses" zögerte aber noch, seine Entscheidung bekannt zu geben. Denn er weiß, dass er in der Bevölkerung nicht sonderlich populär ist. So war er bei Parlamentswahlen nur mit Mühe und Not in den Majlis (Parlament) gekommen. Daraufhin hatte er sich auf das Amt konzentriert, das ihm der "Oberste Führer" zugeschanzt hatte: Vorsitzender des mächtigen "Vermittlungsausschusses".
Politikverdrossenheit könnte ihn begünstigen
Der erfolgreiche Geschäftsmann und Pistazien-Anbauer braucht sich diesmal kaum Sorgen um Wählerstimmen zu machen: Unter der Bevölkerung hält die allgemeine Apathie gegenüber der Politik an, die bei den Parlamentswahlen des letzten Jahres bereits den Sieg der Konservativen gebracht hatte. Zwar spekulieren konservative Sprecher jetzt mit einer Wahlbeteiligung "zwischen 42 und 51 Prozent". Solche Zahlen basieren aber nicht auf realistischen Untersuchungen. Allgemein geht man davon aus, dass die Wahlbeteiligung sehr niedrig - und damit günstig für den führenden Kandidaten der Konservativen - sein wird. Und das wird sicher Rafsandschani sein. Einige der anderen konservativen Kandidaten haben bereits angedeutet, dass sie ihre Kandidatur zurückziehen könnten. Gegen Rafsandschani anzutreten, wird nicht als politisch opportun betrachtet.
International könnte eine Wahl Rafsandschanis sich durchaus positiv auswirken: Während seiner letzten Amtszeit galt er im Ausland als Technokrat, Realist und fast schon Reformer. Hieran hat sich nichts geändert. Nur, dass Machtmensch Rafsandschani es leichter haben dürfte, notwendige Reformen durchzuführen als der jetzige Amtsinhaber Khatami. Dieser hatte sich nie gegen die Konservativen durchsetzen können, Rafsandschani hingegen dürfte es verstehen, die Mehrheit der Konservativen um den Finger zu wickeln. So könnte eine Wahl Rafsandschanis durchaus die merkwürdige Folge haben, dass dieser konservative Präsident die - oder einige der - Reformen durchsetzt, die Khatami angestrebt hatte; diese aber gegen den Widerstand der Konservativen nicht durchsetzen konnte.
Gewaltige Veränderungen als Folge
In erster Linie dürften dies wirtschaftliche Reformen sein: Längst beschlossene Investitionsschutzabkommen zum Beispiel müssen ratifiziert werden, um ausländisches Kapital ins Land zu holen. Und der Iran muss sich mehr öffnen. Nicht nur durch die - jetzt angekündigte - Erteilung von 7-Tage-Visas bei der Einreise, sondern auch durch eine Verbesserung der internationalen Beziehungen in anderen Bereichen. Ob dies auch eine Umkehr in der Nuklearfrage bedeutet, ist eher unwahrscheinlich. Diese Frage wurde längst zu einer Sache der nationalen Ehre gemacht. Langfristig wird Teheran hier aber sicher zu Kompromissen bereit sein. So, wie man dem Land auch eine erneute Annäherung an die USA prognostiziert. Khatami wäre dazu bereit gewesen, er hätte es aber nicht durchsetzen können. Eine so gewaltige Veränderung traut man im Iran unter Freunden wie Feinden nur einem zu: Akbar Hashemi Rafsandschani.