Rice sagt Aufklärung über CIA-Flüge und Hilfe bei Entführungsfall zu
29. November 2005Nach einem gut einstündigen Meinungsaustausch sagte Steinmeier am Dienstag in Washington, die Besorgnis der europäischen Öffentlichkeit und der Parlamente wegen angeblicher Flüge der CIA auch im deutschen Luftraum werde in der US-Hauptstadt verstanden. Dem könne man nur durch Aufklärung Rechnung tragen, sagte der deutsche Außenminister. Rice habe dies zugesagt.
Steinmeier musste sich nach seiner Unterredung mit Rice alleine den Fragen der Journalisten stellen. Die US-Außenministerin hatte keine Zeit für eine gemeinsame Pressekonferenz. US-Außenamtssprecher Sean
McCormack trat jedoch Vermutungen entgegen, dies sei auf ein angespanntes Verhältnis zurückzuführen. Das Gegenteil sei richtig, sagte McCormack: "Beide Seiten entschieden sich, mehr Zeit für ihr gegenseitiges Gespräch zu nehmen als eingeplant."
CIA-Flüge angesprochen
Es gab auch einiges zu bereden: Berichte, wonach die CIA mit Tarnflügen über Europa Terrorverdächtige in mutmaßliche Verhörgefängnisse gebracht haben soll, hatten in Deutschland für erhebliche Irritationen gesorgt.
Steinmeier sagte, er rechne mit einer ausführlichen Antwort auf einen Brief des britischen Außenministers Jack Straw dazu. Großbritannien hat derzeit die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne. Rice habe überdies versichert, so Steinmeier, dass alle Bemühungen der USA im Kampf gegen den Terrorismus im Einklang mit dem amerikanischen und dem Völkerrecht stünden.
Krisenmanagement bei Antrittsbesuch gefragt
Die Unterredung mit Rice bezeichnete Steinmeier als "freundlich und gut". Allerdings wurde der zweite Besuchstag des Außenministers in den USA von der Entführung einer Deutschen im Irak überschattet. "Dies war mehr als nur ein Antrittsbesuch", sagte Steinmeier. Statt in Washington vorstellig zu werden mit den Worten "Grüß Gott, ich bin der Neue", sei der Besuch zum operativen Krisenmanagement geworden, sagte ein Diplomat. Kurz nach ihrer Amtsübernahme steht die Bundesregierung vor einer großen Bewährungsprobe. Durch die Entführung wurde das Realität, was die Bundesregierung wohl nach all den Geiselnahmen in dem Land schon länger befürchten musste: Erstmals wurde eine Deutsche Opfer von Entführern.
Steinmeier wusste bereits seit einigen Tagen von der Entführung der Archäologin Susanne Osthoff im Irak. Doch die Geheimhaltung platzte wenige Stunden vor Steinmeiers Gespräch mit seiner US-Kollegin Rice. Aus politischen und protokollarischen Gründen wollte sich Steinmeier während seines Besuchs in den USA eigentlich zurückhaltend zeigen, wie es in seiner Delegation hieß.
"Bundesregierung ist nicht erpressbar"
Steinmeier forderte die sofortige Freilassung der Geisel. Er sagte in Washington nach einem ersten Gespräch mit Rice, man werde auf das Wissen und die geografische Kenntnis der US-Behörden zurückgreifen. Derzeit liefen Bemühungen, den Aufenthaltsort der Entführten festzustellen. Auch Rice zeigte sich betroffen.
Die zunächst unbekannten Geiselnehmer der 43 Jahre alten Susanne Osthoff aus Bayern sowie ihres irakischen Fahrers stellten in einem der ARD am Dienstag vorliegenden Video-Band ein Ultimatum mit einer "sehr knappen zeitlichen Einschränkung". Darin wird Deutschland aufgefordert, die Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung einzustellen. Ansonsten würden die Geiseln getötet. Die Forderungen der Entführer wies Steinmeier klipp und klar zurück: "Die Bundesregierung ist nicht erpressbar." Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Regierung werde alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Leben der Geiseln zu retten.
Andere Arbeitsfelder blieben Nebensache
Und das eigentliche Thema des Antrittsbesuchs, die transatlantischen Beziehungen? Die seien laut Rice "exzellent", sagte Steinmeier. Arbeitsfelder wie Afghanistan, der Balkan oder Nahost sollen nach dem Willen beider Seiten gemeinsam bearbeitet werden. Den Austausch und die Konsultationen will die neue Bundesregierung dabei stärken, auch wenn dies bei den CIA-Flügen offenbar bisher nicht funktionierte. Immerhin sprach Steinmeier länger als geplant mit seiner US-Kollegin - und nächste Woche wird Rice selbst nach Berlin kommen. (stl)