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Rot-Rot-Grün schmiedet Reformbündnis

20. November 2014

Eine rot-rot-grüne Regierung in Thüringen rückt näher. Linke, SPD und Grüne stellten den Koalitionsvertrag vor. Das Trio versucht die Quadratur des Kreises: Es will größere Reformen, aber keine neuen Schulden machen.

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Die Thüringer Landesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow (links), Grünen-Chef Dieter Lauinger und SPD-Chef Andreas Bausewein bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages in Erfurt (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Obwohl Linke, Sozialdemokraten und Grüne im Thüringer Landtag gemeinsam nur über eine Stimme Mehrheit verfügen, haben sie sich ehrgeizige Ziele gesetzt. "Rot-Rot-Grün wird nicht alles anders machen, aber vieles besser", sagte die Verhandlungsführerin der Linkspartei, Susann Hennig-Wellsow (Artikelbild), bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags in Erfurt. Die für Deutschland neue Dreierkoalition unter Führung der Linken verstehe sich als Reformbündnis. So wollen die Koalitionäre 500 neue Lehrer einstellen und ein kostenloses Jahr in Kindertagesstätten einführen. Zudem streben sie einen Ausbau der erneuerbaren Energien an.

Als Konsequenz aus dem Versagen der Thüringer Ermittlungsbehörden bei der Suche nach dem rechtsextremistischen Terrortrio NSU aus Jena soll der Verfassungsschutz des Landes erneut reformiert werden. V-Leute dürfen nur noch in Einzelfällen eingesetzt werden. Zudem bezeichnet Rot-Rot-Grün in der Präambel zum Koalitionsvertrag die DDR als "Unrechtsstaat". Die Grünen hatten das Bekenntnis zum DDR-Unrecht zur Bedingung für ein Bündnis gemacht.

Erster Regierungschef der Linken?

Die Linkspartei könnte somit 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer mit Bodo Ramelow ihren ersten Ministerpräsidenten ins Amt bringen. Seine Wahl ist für den 5. Dezember geplant. Falls das umstrittene Dreierbündnis die Regierungsverantwortung übernimmt, müsste die CDU erstmals seit der Wiedergründung Thüringens in die Opposition.

Das Parteientrio machte in Erfurt klar, dass es in den kommenden fünf Jahren keine neuen Schulden machen will. Jeder Haushalt werde mit einer "schwarzen Null" vorgelegt werden, sagte der SPD-Landesvorsitzende Andreas Bausewein. Einige der teuren Vorhaben könnten deshalb auch erst später umgesetzt werden, fügte Grünen-Landeschef Dieter Lauinger hinzu. "Es ist uns auch klar, dass nicht alles, was wir uns vorgenommen haben, sofort umsetzbar sein wird."

Kann als erster Linker Ministerpräsident werden: Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag (Foto: dpa)
Kann als erster Linker Ministerpräsident werden: Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken im Thüringer LandtagBild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Ramelow kündigte an, die Interessen des Landes hätten Vorrang vor den Interessen der Partei: "Ich werde Ministerpräsident für Thüringen sein und nicht die Außenstelle der Linken in der Staatskanzlei", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Von der Bildung des rot-rot-grünen Bündnisses geht seiner Ansicht nach kein Signal für den Bund aus: "Wir wollen Landespolitik gestalten und nicht Weltpolitik und nicht bundesrepublikanische Politik."

Nur drei Minister für Linke

In der künftigen Regierung wird die Linkspartei neben dem Ministerpräsidenten und dem Chef der Staatskanzlei auch die Spitzen der Ressorts Infrastruktur, Bildung sowie Soziales und Arbeit besetzen. Die SPD stellt die Minister für Finanzen, Inneres sowie Wirtschaft und Forschung; die Grünen erhalten Justiz- und Umweltministerium.

Dem Koalitionsvertrag müssen die Mitglieder von Linken und Grünen noch zustimmen; die Abstimmungen sollen in dieser Woche beginnen. Die Thüringer SPD-Basis hatte bereits im Oktober grünes Licht für die Koalition gegeben. Auch die Landesparteitage müssen noch zustimmen. Die CDU war bei der Landtagswahl im September zwar stärkste Kraft geworden. Ihr bisheriger Koalitionspartner entschied sich jedoch für ein Abkommen mit Linken und Grünen.

CDU geißelt "Abstiegsprogramm"

Scharfe Kritik kam am Donnerstag von der CDU im Bund. Generalsekretär Peter Tauber erklärte, Linkspartei, SPD und Grüne hätten sich auf ein "Abstiegsprogramm" für Thüringen geeinigt. Die Koalition der Wahlverlierer setze vor allem auf mehr ideologiegetriebene Eingriffe des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft, beispielsweise mit der Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. "Eine Regierung unter Führung von Bodo Ramelow würde all das aufs Spiel setzen, was in den zurückliegenden 25 Jahren geschaffen worden ist: Der Freistaat ist top bei Arbeitsmarkt, Industriedichte, Haushalt und Schulen."

Mit der sich in Thüringen abzeichnenden Koalitionsregierung bleibt es bei der schwachen Stellung der großen Koalition in Berlin im Bundesrat. In der Länderkammer hat der Block der schwarz-roten Regierungen weiterhin 27 Stimmen und damit keine Mehrheit. Für die absolute Mehrheit, die vor allem bei zustimmungspflichtigen Gesetzen entscheidend ist, sind in der Länderkammer 35 Stimmen erforderlich.

kle/cr (afp, dpa, rtr)