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"Roter Ring ums Kanzleramt"

20. November 2014

In Thüringen wird der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag vorgestellt. Am 5. Dezember soll Bodo Ramelow zum ersten Regierungschef der Linken gewählt werden. Seine Parteichefin denkt aber schon weiter.

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Bodo Ramelow begrüßt im Thüringer Landtag CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (Foto: picture alliance/dpa)
Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow begrüßt im Thüringer Landtag CDU-Ministerpräsidentin Christine LieberknechtBild: picture alliance/dpa

Linken-Chefin Katja Kipping wertet die rot-rot-grüne Regierungskoalition in Thüringen als wegweisend für andere Bundesländer. Die Linke strebe "weitere Regierungsbeteiligungen an", sagte Kipping der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Koalition in Thüringen könne "Signalwirkung" haben. In den Ländern müsse es bis zu nächsten Bundestagswahl 2017 "möglichst viele Regierungen ohne CDU geben", sagte Kipping der Zeitung. "Unser Ziel ist ein roter Ring ums schwarze Kanzleramt."

Linke, SPD und Grüne stellen diesen Mittag in Erfurt ihren in acht Wochen ausgehandelten Koalitionsvertrag vor. Das Regierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre verschafft der Linken, die ihre historischen Wurzeln in der früheren DDR-Staatspartei SED hat, 25 Jahre nach dem Mauerfall die Chance, mit Bodo Ramelow ihren ersten Ministerpräsidenten ins Amt zu bringen. Das bisher einmalige Dreierbündnis unter Führung der Linken ist bundesweit umstritten. Es hat im Landtag lediglich eine Stimme Mehrheit. Ramelows Wahl zum Regierungschef ist für den 5. Dezember geplant.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping (Foto: dpa)
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja KippingBild: picture-alliance/dpa

Zuletzt Zuschnitt der Ministerien strittig

Der Koalitionsvertrag muss zunächst durch Mitgliedervoten der Linken und der Grünen bestätigt werden. Sie sollen nach Angaben der Parteien bis Anfang Dezember laufen und bereits am Donnerstag nach der Vorstellung des genauen Vertragstextes starten. Zum Inhalt machten die Parteien mit Hinweis auf diese Präsentation keine Angaben. "Wir haben uns in allen Fragen verständigt", sagte die Landesvorsitzende der Linken, Susanne Henning-Wellsow, zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Das gelte auch für den Zuschnitt der Ministerien, der am letzten Verhandlungstag für Kontroversen gesorgt hatte. Die Grünen, mit 5,7 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl kleinster Partner in dem Dreierbündnis, pochten auf zwei Ministerien. Sie sollen nach dpa-Informationen nun ein Ministerium für Umwelt und Energie sowie das Justizressort erhalten.

Hennig-Wellsow und SPD-Landeschef Andreas Bausewein bestätigten zunächst nur, dass es - wie bei der derzeitigen schwarz-roten Regierung - neun Minister geben solle. Bausewein sprach von einer guten Grundlage, die der 105 Seiten starke Koalitionsvertrag für eine neue Regierung biete. Auch der Landesvorsitzende der Grünen, Dieter Lauinger, erklärte, das Ergebnis der Verhandlungen könne sich sehen lassen.

Die Chefs der drei Thüringer Koalitionsparteien (v.l.): Andreas Bausewein (SPD), Dieter Lauinger (Grüne) und Susanne Henning-Wellsow (Linke) (Foto: picture alliance/dpa)
Die Landesparteichefs (v.l.): Andreas Bausewein (SPD), Dieter Lauinger (Grüne) und Susanne Henning-Wellsow (Linke)Bild: picture alliance/dpa

Bereits vor Abschluss der Koalitionsgespräche waren inhaltliche Details bekannt geworden. So soll in Thüringen ein kostenfreies Kita-Jahr eingeführt und das Landeserziehungsgeld, das in Thüringen bislang unabhängig vom bundesweiten Betreuungsgeld gezahlt wird, abgeschafft werden. Zudem soll der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert werden. Der Thüringer Verfassungsschutz soll stärker kontrolliert und V-Leute sollen - bis auf Ausnahmen zur Terrorismusabwehr - weitgehend abgeschaltet werden. Damit hat die Linkspartei erhebliche Zugeständnisse gemacht und ihr erklärtes Ziel, den Verfassungsschutz ganz abzuschaffen, vorerst aufgeschoben.

Mit Erklärung zum DDR-Unrecht

Den Koalitionsverhandlungen der drei Parteien waren seit der Landtagswahl Mitte September wochenlange Sondierungsrunden vorausgegangen. Die SPD, die bei der Landtagswahl im September um sechs Punkte auf 12,4 Prozent abgestürzt war, soll mindestens drei Ressorts erhalten. Die Linke, mit 28,2 Prozent mit Abstand stärkste der drei Parteien, will mit ihrem ersten Regierungschef Geschichte schreiben. Sie beansprucht wahrscheinlich nur drei Ressorts und den Chef der Staatskanzlei für sich. In die Präambel des Koalitionsvertrages sollen Teile der Erklärung der drei Parteien zum DDR-Unrecht aufgenommen werden. Sie solle die "Lebenssituation und Geschichte aller Thüringer" beschreiben, sagte Hennig-Wellsow.

Kommt Rot-Rot-Grün ins Amt, wäre das eine Zäsur für die CDU, die seit der Wiedervereinigung in Thüringen den Ministerpräsidenten stellt - derzeit mit Christine Lieberknecht. Die CDU warf Linken, SPD und Grünen Inhaltslosigkeit vor. Zudem gebe es für keines der geplanten Vorhaben einen seriösen Finanzierungsvorschlag. "Rot-Rot-Grün verwechselt Koalitionsverhandlungen mit vorgezogenen Wunschzetteln für Weihnachten", kritisierte der Generalsekretär der Thüringer Union, Mario Voigt. Für Rot-Rot-Grün sei die Regierungsbildung bloß ein "Experiment".

sti/rb (afp, dpa, rtr)