Russische Raketenwerfer in der Ukraine
2. Oktober 2015Überlagert vom Syrien-Krieg, bemühen sich die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine in Paris um Fortschritte bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung für die Ostukraine. Kurz vor dem Gipfel sorgte eine neue Hiobsbotschaft für Unruhe.
Moderne Raketenwerfer sichergestellt
Internationale Beobachter entdeckten nach eigenen Angaben im Rebellengebiet in der Ostukraine ein modernes russisches Flammenwerfer-System. Es handele sich um das extrem zerstörerische "Buratino"-System, teilte der Vizechef des Teams der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Alexander Hug, in der Ukraine mit. Demnach wurden die modernen Waffen auf einem Übungsgelände der Aufständischen entdeckt.
Nur in Russland produziert
Nach Angaben von Experten wie dem Militärfachblatt "IHS Jane's" und dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI wird "Buratino" nur in Russland gebaut und bisher nach Aserbaidschan und Kasachstan sowie in den Irak exportiert. Die Regierung in Kiew erklärte, "Buratino" gehöre nicht zu ihrem Arsenal. Das Moskauer Verteidigungsministerium kommentierte den Fund zunächst nicht. Der Westen wirft Russland vor, die Aufständischen mit Material und Soldaten zu unterstützen. Dies wird vom Kreml bestritten.
Mit dem Raketenwerfer können mehrere Häuserblöcke auf einen Schlag in Schutt und Asche gelegt werden. Die Waffen verteilen eine brennbare Substanz, die die Explosion verstärkt.
Waffenrückzug am Samstag?
Der Fund löste auch deshalb Besorgnis aus, weil sich prorussische Rebellen und Regierungstruppen kürzlich auf einen Abzug schwerer Waffen verständigt hatten. Dieser soll nach wiederholten Verzögerungen nun am Samstag beginnen. "Alle Vorarbeiten sind abgeschlossen. Wir warten auf das Signal der OSZE", teilte ein Militärsprecher in Kiew mit.
Hollande und Putin
Zum Auftakt der Krisenberatungen in Paris kam Frankreichs Präsident François Hollande im Élyséepalast mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammen. Das Gespräch dauerte dem Vernehmen nach eine Stunde und drehte sich um die Krisenherde Ukraine und Syrien. Hollande und Putin erörterten auch den Umgang mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad, der ein enger Verbündeter des Kreml ist. Beide Präsidenten hätten sich bemüht, "die Differenzen beim Thema des politischen Übergangs in Syrien zu überbrücken", berichteten französische Diplomaten.
Frankreich sieht in Assad den Hauptverantwortlichen des blutigen Bürgerkriegs in Syrien und fordert einen Machtwechsel, Russland betrachtet Assad dagegen als Anker der Stabilität.
Der Westen wirft dem Kreml nach den am Mittwoch begonnen russischen Luftangriffen in Syrien vor, dass nicht nur die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), sondern auch moderate Rebellen Ziel der Luftschläge seien. Moskau weist dies zurück und geht nach eigener Darstellung gegen Terroristen vor.
Merkel und Putin
Nach dem Vier-Augen-Gespräch mit Putin empfing Hollande Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die beiden Spitzenpolitiker hatten sich am Donnerstagabend in einem Telefonat über die Marschroute abgestimmt, wie in Berlin und Paris mitgeteilte wurde. Sie telefonierten auch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Die Kanzlerin kam nach der Begrüßung in Paris ebenfalls zu einem persönlichen Gespräch mit Putin zusammen.
se/jj (rtr, dpa, afp, ape)