Scholz lehnt Rücktritt wegen G20-Krawallen ab
10. Juli 2017Auf die Frage, ob er über seinen Rücktritt nachdenke, sagte Scholz im Ersten Deutschen Fernsehen: "Nein, das tue ich nicht." Die Forderung war von der CDU-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft erhoben worden.
Sie wirft dem Ersten Bürgermeister der Hansestadt vor, die Gefahren durch linksextreme Autonome falsch bewertet zu haben. "Das war die größte politische Fehleinschätzung eines Hamburger Bürgermeisters aller Zeiten", sagte Fraktionschef André Trepoll (CDU). Ganze Stadtteile seien "mit dem wütenden Mob alleine gelassen" worden.
Altmaier stützt Scholz
Kanzleramtsminister Peter Altmaier hat hingegen Forderungen aus der eigenen Partei CDU nach einem Rücktritt von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz wegen der Ausschreitungen beim G20-Gipfel zurückgewiesen. Er könne keinen Grund für einen Rücktritt des SPD-Politikers erkennen, sagte Altmaier auf NDR Info. "Die Bundesregierung hat gemeinsam mit Hamburg alle Schritte geplant und vorbereitet. Deshalb ist das für mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Frage einer parteipolitischen Auseinandersetzung, sondern einer Auseinandersetzung zwischen Demokraten, die den Rechtsstaat verteidigen, und den radikalen, autonomen, linksextremen Minderheiten, die diesen Rechtsstaat herausfordern."
Altmaier verteidigte erneut die Entscheidung, das G20-Gipfeltreffen in Hamburg auszurichten. "Wir haben diese Treffen seit vielen Jahren, sie haben auch in Großstädten wie London, Washington und Berlin stattgefunden. Ich glaube, wir dürfen uns von einem kleinen, radikalisierten Mob nicht einschüchtern lassen und wir dürfen uns nicht vorschreiben lassen, wo wir diese Gipfel durchführen."
"Viel Beweismaterial gesammelt"
Scholz verlangte in der Talkshow "Anne Will" hohe Strafen für die Urheber der Krawalle. "Die Straftäter, von denen wir nicht wenige identifiziert haben, müssen hart verurteilt werden - und werden das auch", betonte der SPD-Politiker. "Wir haben sehr viel Beweismaterial gesammelt."
Er verteidigte zugleich das Vorgehen der Polizei. Es seien 20.000 Beamte im Einsatz gewesen. "Das war alles, was in Deutschland verfügbar gemacht werden konnte", erklärte er. Nun müssten die Ausschreitungen und Reaktionen analysiert werden. "Es kann auch sein, dass wir dazu keine wirklich einfachen Antworten haben."
Erklärungen forderte Scholz auch von der linksextremen Szene. Viele Autonome seien aus dem Ausland in die Hansestadt gekommen. "Es werden sich diejenigen aus dem gewaltbereiten linken Milieu in Hamburg rechtfertigen müssen, denn die haben die alle eingeladen", so der Regierungschef des Stadtstaates.
Linke wollen Untersuchungsausschuss
Vor Scholz lehnte auch schon SPD-Fraktionschef Andreas Dressel den Rücktritt des Ersten Bürgermeisters ab. "Es ist unerträglich und unverantwortlich, wie die CDU versucht, parteipolitisch aus den abscheulichen Krawallen Kapital zu schlagen", sagte er. Für die Gewaltexzesse seien einzig und allein die Gewalttäter verantwortlich - niemand sonst.
Die Grünen-Fraktion - kleiner Koalitionspartner im Regierungsbündnis mit der SPD - erklärte: "Die, die jetzt Rücktritte fordern, haben noch mit keiner Silbe gesagt, was sie anders oder gar besser gemacht hätten."
Die Linksfraktion in der Bürgerschaft verlangte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Die FDP forderte Scholz auf, sich in seiner Regierungserklärung an diesem Mittwoch seiner Verantwortung zu stellen.
gri/hk (dpa, rtr)