Türkisches Gericht hebt Urteil auf
5. Juli 2019Die Vorwürfe gegen die beiden Journalisten stehen im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016. Die Richter in Ankara entschieden, dass Ahmet Altan und Nazli Ilicak nicht, wie ihnen zur Last gelegt wurde, "gegen die Verfassung verstoßen" haben. Sie hätten allerdings von den Plänen gewusst und die Putschisten willentlich unterstützt. Darauf stehen in der Türkei fünf bis 15 Jahre Haft.
Einen Antrag auf Entlassung aus dem Gefängnis lehnte das Gericht ab. Es habe nun den Fall zurückverwiesen an das zuvor zuständige Gericht, sagte ein mit dem Fall befasster Anwalt der Zeitung "Cumhuriyet", der namentlich nicht genannt werden wollte. Sollten die Richter dort nicht mit der Auslegung einverstanden sein, werde ein Rechtsausschuss entscheiden.
Aus Mangel an Beweisen wurde mi gleichen Verfahren Ahmet Altans Bruder, der Ökonomieprofessor und Schriftsteller Mehmet Altan, von jeglicher Schuld freigesprochen. Er war bereits vor einem Jahr vorläufig entlassen worden.
Verbindung zu Gülen?
Ahmet Altan und Nazli Ilicak waren kurz nach dem Putschversuch verhaftet worden. Sie wurden im Februar 2018 wegen angeblicher Verbindung zur Gülen-Bewegung zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Regierung macht die Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich, was dieser bestreitet.
Ahmet Altan war außerdem in einem anderen Verfahren wegen Terrorpropaganda und Beleidigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er war Chefredakteur der heute geschlossenen Zeitung "Taraf". Ilicak bekam zusätzlich eine Strafe von fünf Jahren und zehn Monaten Haft wegen der Enthüllung von Staatsgeheimnissen. Sie hatte in der Vergangenheit für die regierungsnahe Zeitung "Sabah" und für die inzwischen geschlossene Gülen-nahe Zeitung "Bugün" geschrieben. Sie ist auch eine ehemalige Abgeordnete.
Nach Angaben von P24, einer Organisation, die die Pressefreiheit stärken will, sind in der Türkei derzeit 140 Journalisten im Gefängnis. Die meisten von ihnen wurden nach dem Putschversuch vor drei Jahren eingesperrt. In der Rangliste der Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 157 von 180 Ländern.
ust/jj (dpa, rtr, afp, rog)