Endlich ein Termin für den Brexit
2. Oktober 2016Nun ist es heraus: Die Austrittsverhandlungen Großbritanniens sollen nach Willen von Premierministerin Theresa May spätestens Ende März 2017 beginnen. May stand seit Langem sowohl in ihrer eigenen Partei als auch von Seiten der verbleibenden EU-Länder unter Druck, einen Zeitplan für die Austrittsverhandlungen vorzulegen. Sie werde Artikel 50 der EU-Verfassung, der den Austrittsprozess aus der Europäischen Union einleitet, "vor Ende März kommenden Jahres" aktivieren, sagte May auch dem BBC-Fernsehen.
"Gesetze wieder aus Westminster statt Brüssel"
Bei ihrer Auftakt-Rede auf dem Parteitag der britischen Konservativen in Birmingham machte May außerdem klar: Nach dem historischen Referendum im vergangenen Juni gibt es für die Briten keinen "Exit vom Brexit". Die Bürger Großbritanniens hatten damals mit einer Mehrheit für den Austritt des Landes aus der EU gestimmt. May hatte kurz nach dem Brexit-Referendum den Parteivorsitz und den Posten an der Regierungsspitze von David Cameron übernommen.
"Brexit heißt Brexit, und wir werden einen Erfolg daraus machen", sagte die Premierministerin vor den Tory-Delegierten. Großbritannien werde dann wieder zu einem wirklich souveränen Staat werden. Gesetze würden dann nicht mehr in Brüssel gemacht, sondern in Westminster. Ihr Land wolle aber weiter mit Europa zusammenarbeiten und Partner und Freund bleiben, vor allem auch in Sicherheitsfragen, sagte die britische Regierungschefin. "Unsere Sprache ist die Sprache der Welt", so May. Großbritannien sei die fünftstärkste Wirtschaftsmacht der Erde und könne mit Selbstvertrauen in die Zukunft schauen. Mit vielen Regionen der Welt seien Freihandelsabkommen möglich.
May kündigt Gesetz zur Aufhebung von EU-Recht an
Einen weiteren Schritt auf dem Weg zum EU-Austritt Großbritanniens will May ebenfalls noch im Frühjahr unternehmen. In der nächsten Thronrede der Queen, die für April oder Mai erwartet wird, soll ein sogenanntes "Großes Aufhebungsgesetz" ins Parlament eingebracht werden, wie May in einem Zeitungsinterview ankündigte. Damit soll ein Gesetz von 1972 aufgehoben werden, mit dem Großbritannien der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) beigetreten war.
Das Aufhebungsgesetz soll zudem den Vorrang von EU-Recht aufheben und alle Regelungen der Union in britisches Recht übertragen. Das Aufhebungsgesetz sei für Großbritannien die "erste Etappe", um "wieder ein souveränes und unabhängiges Land zu werden", sagte May der "Sunday Times". In Kraft treten soll das Gesetz aber erst, wenn Großbritannien tatsächlich aus der EU ausgetreten ist, wie May betonte. Das dürfte aber noch eine Weile dauern. Denn erst nach der offiziellen Austrittserklärung können die Verhandlungen über die Entflechtung der Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Block der 27 verbleibenden EU-Staaten überhaupt beginnen.
Brexit nicht vor Frühjahr 2019
Die EU begibt sich mit dem britischen Austritt auf unbekanntes Terrain. Artikel 50 gibt nur den Rahmen der Verhandlungen vor, regelt aber nicht alle Einzelheiten. Am 3. Februar wollen die Spitzen der EU-Staaten auf Malta beraten, wie sie weiter vorgehen und die Union ohne die Briten gestalten wollen.
Das Austrittsabkommen muss am Ende mit einer qualifizierten Mehrheit der verbliebenen Mitgliedsstaaten beschlossen werden: von mindestens 72 Prozent der Staaten, die wiederum 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren müssen. Das EU-Parlament muss auch zustimmen. Die Austrittsverhandlungen müssen nach spätestens zwei Jahren abgeschlossen sein. Der Brexit könnte damit aus heutiger Sicht zum Frühjahr 2019 erfolgen.
cw/hf (dpa, afp)