Keine Ausreise für Mesale Tolu
26. April 2018Ein Gericht in Istanbul folgte der Forderung Tolus nicht, die Ausreisesperre für sie und ihren ebenfalls angeklagten Ehemann Suat Corlu aufzuheben. Allerdings hat das Gericht Tolu von ihrer wöchentlichen Meldepflicht bei der Polizei befreit.
Der Prozess gegen Tolu, Corlu und 25 weitere Angeklagte wegen "Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" wird am 16. Oktober fortgesetzt. Zum Auftakt des Prozesstages hatte die 33-Jährige ihren Freispruch gefordert. Sie und ihr Ehemann hatten das Gericht außerdem dazu aufgerufen, ihnen die Ausreise zu gestatten. "Als deutsche Staatsbürgerin will ich, dass mein Kind in dem Land, aus dem ich komme, in den Kindergarten geht", sagte Tolu. Tolu und Corlu haben einen dreijährigen Sohn, für den in Tolus Heimatstadt Ulm nach ihren Angaben ein Kindergartenplatz reserviert ist.
"Skandal und Schikane"
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel beobachtet den Prozess vor Ort und hält die Entscheidung des Gerichts für nicht nachvollziehbar: "Ich halte das für einen Skandal. Das ist reine Schikane, und es ist nicht nachvollziehbar, dass Deniz Yücel und Peter Steudtner ausreisen durften, nicht aber die deutsche Staatsbürgerin Mesale Tolu", sagte Hänsel gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Abgeordnete bezeichnete die Anklageschrift als "konstruiert" und kritisierte, dass sie keine Beweise enthalte. Von der Bundesregierung forderte Hänsel mehr Druck auf die Türkei.
Tolu war Ende April 2017 bei einer Razzia in Istanbul festgenommen worden und saß bis Dezember in Untersuchungshaft. Beim zweiten Prozesstermin im Dezember hatte das Gericht zwar Tolus Entlassung aus dem Gefängnis verfügt, aber ein Ausreiseverbot und eine wöchentliche Meldepflicht angeordnet. Die 33-jährige Journalistin hat vor ihrer Verhaftung für die linke Nachrichtenagentur Etkin News Agency (Etha) gearbeitet.
Im Februar hatte ein Istanbuler Gericht die Freilassung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel verfügt. Die Richter verhängten keine Ausreisesperre. Yücel hatte mehr als ein Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft gesessen. Der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner war im Oktober 2017 nach dreieinhalb Monaten Untersuchungshaft entlassen worden und nach Deutschland zurückgekehrt.
cgn/fab (afp, dpa, epd)