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EVP-Parteitag in Krisenstimmung

Christoph Hasselbach6. März 2014

Vitali Klitschko und Julia Timoschenko sprechen zu den Delegierten der Europäischen Volkspartei in Dublin - und zeigen, dass sie sich zu viel erhoffen.

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Klitschko mit Plakat "Hände weg von der Ukraine" (Foto: EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA)
Bild: picture-alliance/dpa

Der eigentliche Zweck dieses Parteitags droht, zur Nebensache zu werden. Die konservativen Regierungschefs der EU, die zusammen die Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei (EVP) bilden, wollen in Dublin einen Spitzenkandidaten für die Europawahl Ende Mai wählen. Und wenn die EVP wieder stärkste Kraft im Europaparlament wird, dann hat dieser Spitzenkandidat gute Chancen, auch der nächste Kommissionspräsident zu werden. Denn nach dem Lissabon-Reformvertrag sollen die Staats- und Regierungschefs das Wahlergebnis bei ihrem Personalvorschlag berücksichtigen. Daher kommt diesem Parteitag große Bedeutung zu. Tatsächlich reden aber alle hier in Dublin fast nur über die Ukraine.

Eine Minute Stille

Joseph Daul, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, bat zu Beginn des Parteitags um eine Minute der Stille "im Gedenken an die ukrainischen Opfer, die für ihre Fahne und für die Europafahne gefallen sind, die auch unsere Wertegemeinschaft symbolisiert", so der Franzose pathetisch. Und er fügte hinzu: "Wir werden Aggression gegen einen souveränen Staat niemals hinnehmen." Doch aus diesen Worten spricht auch Machtlosigkeit. Was will die EU gegen die faktische Besetzung der Krim letztlich unternehmen?

Timoschenko sitzt im Rollator (Foto: Reuters)
Timoschenko saß im RollatorBild: Reuters

Zu hohe Erwartungen

Die Erwartungen der beiden ukrainischen Reformpolitiker Vitali Klitschko und Julia Timoschenko an die EU sind hoch, viel zu hoch, um realistisch zu sein. Beide waren nach Dublin eingeladen und sprachen zu den Delegierten. Klitschko nannte unumwunden als sein "erstes Ziel: EU-Beitritt der Ukraine", als zweites "unmittelbare Verhandlungen mit der NATO". Doch ein Beitritt kommt für die EU selbst praktisch nicht mehr infrage. Und die NATO-Länder sind heilfroh, dass sie nicht gegenüber einem Mitgliedsland zur Verteidigung verpflichtet sind und dann sofort in einen militärischen Konflikt mit Russland hineingezogen würden.

Noch eine Krise

Aber abgesehen von den Ereignissen um die Ukraine gibt es, gerade im Gastgeberland Irland, auch noch eine weitere Krise, die den Parteitag überschattet. Die Auswirkungen der Schuldenkrise sind hier noch deutlich spürbar. Zwar schafft es Irland seit Ende 2013 wieder, ohne den europäischen Rettungsschirm auszukommen. Doch das ging - und geht - nur mit einer harten Konsolidierungspolitik. "Irland sagt nein zu Merkel und der EVP - die Sparpolitik bringt uns um!" So steht es auf einem Spruchband, das von einer Brücke neben dem brandneuen Kongresszentrum am Liffey-Fluss hängt. Die Rolle Angela Merkels hier ist zweideitig: Ohne die Zustimmung der Bundeskanzlerin kann niemand EVP-Spitzenkandidat oder Kommissionspräsident werden. Aber für viele Menschen in Irland und anderswo wird sie auch ganz persönlich für die Härten der Krisenpolitik verantwortlich gemacht.

Spruchband "Merkel, EVP, Sparpolitik tötet uns" (Foto: Reuters)
Botschaft an Merkel: "Sparpolitik tötet uns"Bild: Reuters