CDU/CSU vor der SPD
9. März 2017Je näher die Bundestagswahl am 24. September rückt, desto mehr steigt die Spannung. Zwar sind es noch gut sechs Monate bis zu dem entscheidenden Tag, aber die Nervosität nimmt allerorten zu. Gebannt schauen die Parteien auf jede neue Umfrage. Sie gilt als wichtiger Gradmesser für die eigene Performance - personell und programmatisch. Anfang Februar lagen die christlichen Schwesterparteien CDU und CSU noch sechs Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten. Der Trend ging aber auch damals schon Richtung SPD. Diese Entwicklung setzt sich im März fort. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap ermittelte Anfang dieser Woche nur noch einen hauchdünnen Vorsprung für das konservative Lager: 32 (CDU) zu 31 (SPD) Prozent. Auftraggeber für die repräsentative Deutschlandtrend-Umfrage waren die ARD-"Tagesthemen" und die Zeitung "Welt".
Fast alle anderen Parteien treten auf der Stelle. Grüne und Linke, die im Bundestag auf den Oppositionsbänken sitzen, kommen unverändert auf acht Prozent. Auch bei den Freien Demokraten (FDP) gibt es mit sechs Prozent keine Bewegung. Damit würde ihnen bei der Wahl am 24. September die Rückkehr in den Bundestag gelingen. Leicht abwärts geht es mit der Alternative für Deutschland (AfD), die mit aktuell elf Prozent (minus eins) aber weiterhin klar ins Parlament einziehen würde. Es wäre eine Premiere. Bei der Bundestagswahl 2013 scheiterte sie mit 4,7 Prozent noch knapp an der Fünf-Prozent-Sperrminorität.
Ein Blick auf ausgewählte Politikfelder zeigt, dass die SDP unter ihrem designierten Kanzlerkandidaten Martin Schulz vor allem beim Thema soziale Gerechtigkeit zulegt. Fast jeder Zweite (46 Prozent) billigt ihr dafür die größte Kompetenz zu - ein Plus von 13 Prozentpunkten. Die Union kommt beim Thema Gerechtigkeit nur noch auf 16 Prozent (minus drei). Anscheinend zahlt es sich für die SPD aus, dass ihr Frontmann Korrekturen an der sogenannten Agenda 2010 verspricht. Es wäre ein Kurswechsel in der Sozial- und Wirtschaftspolitik, von dem vor allem Arbeitslose profitieren sollen.
Jeder Fünfte muss beim Namen Martin Schulz passen
Tröstlich für Kanzlerin Angela Merkel und womöglich beruhigend für ihre Partei insgesamt ist der steigende Wert bei der Frage nach der Zufriedenheit mit einzelnen Politikern. Vor einem Monat lag die Regierungschefin in dieser Disziplin gleichauf mit ihrem Herausforderer Schulz (jeweils 55 Prozent), jetzt hat Merkel mit 60 Prozent die Nase vorn. (52 Prozent Schulz). Ein Dämpfer für den SPD-Hoffnungsträger, der trotz des Hypes um seine Person für viele Befragte ein relativ unbeschriebenes Blatt zu sein scheint. Jeder Fünfte (21 Prozent) reagierte beim Stichwort Politikerzufriedenheit spontan mit "Kenne ich nicht/kein Urteil".
In Sachen Gerechtigkeit haben die Deutschen im Jahresvergleich eine leichte Verbesserung wahrgenommen. Exakt die Hälfte (50 Prozent) meint, es gehe alles in allem "eher gerecht" zu. Im Februar 2016 waren nur 46 Prozent dieser Meinung. Wenn es um Einzelaspekte geht, schlägt das Pendel allerdings mitunter heftiger aus. Am stärksten bemängelt wird der gesellschaftliche Umgang mit sozial Schwachen, den 69 Prozent für ungerecht halten. Auch das Gehaltssystem in Deutschland finden 60 Prozent ungerecht.
Türkische Politiker auf Wahlkampf in Deutschland? Nein Danke!
Die größte Einigkeit herrscht bei den wahlberechtigten Deutschen bei einem Thema, das die Regierung seit Wochen in Atem hält: das Verhältnis zur Türkei. Die Absage mehrerer Wahlkampf-Auftritte türkischer Politiker in Deutschland durch hiesige Behörden ist offenkundig ganz im Sinne der meisten Befragten. Nur sechs Prozent finden solche Auftritte gut, überwältigende 91 Prozent sind der gegenteiligen Ansicht. Ein klare Meinung ergibt sich auch bei der Frage, ob die deutsche Politik Auftritte zulassen sollte: Ein knappes Fünftel (19 Prozent) ist dafür, fast vier Fünftel (77 Prozent) sind dagegen. Außerdem befürworten 75 Prozent eine härtere Gangart der Bundesregierung gegenüber der Türkei.
Ein ambivalentes Bild ergeben die Antworten auf Fragen zur Europäischen Union (EU). War im Juli 2016 noch eine knappe Mehrheit (52 Prozent) der Ansicht, die EU-Mitgliedschaft bringe Deutschland "eher Vorteile", sind es inzwischen nur noch 42 Prozent. Etwas mehr (44 Prozent) meinen, Vor- und Nachteile hielten sich ungefähr die Waage. Das ist immerhin ein Plus von acht Prozentpunkten. Europamüde wie die Briten, die für einen EU-Austritt votiert haben, sind die Deutschen anscheinend überhaupt nicht. Eine satte Mehrheit von 78 Prozent wünscht sich mehr gemeinsame Politik der EU-Länder. Ein Ergebnis, das auch den frisch wiedergewählten EU-Ratspräsidenten Donald Tusk erfreuen dürfte.