Unterstützt Ruanda kongolesische Rebellen?
31. Juli 2013Es waren klare Worte aus dem US-Außenministerium: "Wir rufen Ruanda auf, unverzüglich jegliche Unterstützung für die Rebellen der M23 einzustellen und seine Soldaten aus dem Osten der Demokratische Republik Kongo zurückzuziehen“, sagte eine Sprecherin vor dem Treffen des UN-Sicherheitsrates am Mittwoch (25.07.2013). Es gebe "glaubhafte Beweise" für Ruandas Verstrickung in die Kämpfe im Ostkongo. Ganz so deutlich wurde US-Außenminister John Kerry vor dem Sicherheitsrat dann nicht. Alle Parteien müssten aufhören, bewaffnete Gruppen zu unterstützen. Ein konkretes Land erwähnte er nicht.
Das US-Außenministerium bezieht sich bei seinen Forderungen auf einen neuen Bericht von Human Rights Watch. Die Menschenrechtsorganisation hat mehr als 100 ehemalige Rebellen sowie Zivilisten befragt und schwere Vorwürfe gegen die ruandische Regierung erhoben. Sie liefere weiterhin Waffen an die Rebellengruppe M23 und trainiere deren Kämpfer. Außerdem wurden mehrfach ruandische Militärs auf kongolesischem Boden gesichtet. Nach Angaben des Fernsehsenders Al-Jazeera wies die ruandische Regierung die Anschuldigungen zurück und sprach von falschen Aussagen im Bericht der Menschenrechtsorganisation.
"Unsere Zeugen gehen mit ihren Aussagen ein hohes Risiko ein, viele haben Angst“, sagt die Ruanda-Expertin von Human Rights Watch, Carina Tertsakian. Deshalb seien die Zeugen im Bericht anonym geblieben.
Ruanda profitiert von Kongos Ressourcen
Es ist nicht das erste Mal, dass es Anschuldigungen gegen Ruanda gibt. Schon im Juni 2012 lieferte eine UN-Expertengruppe Beweise für Ruandas Verwicklungen im Nachbarland Kongo. Die Folge waren internationale Sanktionen gegen das Land, das bis heute abstreitet, die Rebellen der M23 zu unterstützen. Auch Deutschland hatte seine Budgethilfe, also direkte Zuschüsse an die ruandische Regierung, ausgesetzt, die Mittel stattdessen in ein Entwicklungsprojekt im Land umgeschichtet. "Ob Deutschland ab 2014 wieder zur allgemeinen Budgethilfe übergehen wird, hängt auch davon ab, ob Ruanda weiterhin eine konstruktive Rolle im Ost-Kongo-Konflikt einnimmt", sagte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel bei seiner Ruanda-Reise im Juni 2013.
Alle Länder der Region haben ein Abkommen unterzeichnet, in denen sie sich verpflichten, sich nicht in Angelegenheiten der Nachbarländer einzumischen und auch keine bewaffneten Gruppen zu unterstützen. Trotz Verhandlungen über ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der kongolesischen Regierung und M23 sind Mitte Juli erneut Kämpfe ausgebrochen. Hunderte Menschen kamen dabei bislang ums Leben, tausende sind auf der Flucht.
"Die Instabilität im Ostkongo ist für Uganda und Ruanda von direktem Nutzen", sagte Marc-André Lagrange von der International Crisis Group bereits letztes Jahr gegenüber der DW. Besonders lohnenswert sei für die ostafrikanischen Nachbarn das Geschäft mit Kongos Rohstoffen. Gold und Diamanten werden dort abgebaut, ebenso das Erz Coltan, das für die Produktion von Handys und Computern gebraucht wird. "An dem Tag, an dem es keinen Konflikt im Ostkongo mehr gibt, wird der Kongo in großem Stil exportieren können", vermutet Lagrange. Ruanda bliebe dann außen vor.
Verhaltene Reaktionen aus Deutschland
"Wir wissen, dass Ruanda deshalb Chaos schaffen will, um den Einsatz der Eingreiftruppe der Vereinten Nationen zu verhindern", sagt Lambert Mende, Regierungssprecher in Kinshasa, der DW. Im März hatte der UN-Sicherheitsrat eine 3000-Mann starke Eingreifgruppe bewilligt, die auch das Mandat hat, offensiv gegen bewaffnete Gruppen vorzugehen. Sie wird voraussichtlich aber erst im August voll einsatzfähig sein.
Auch die deutschen Behörden kennen die Berichte über Ruandas mutmaßliche Einmischung im Nachbarland Kongo. "Die Bundesregierung ist besorgt über die jüngste Eskalation der Gewalt", teilt ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Donnerstag mit. Deutschland führe einen Dialog mit allen Staaten der Region. Das Entwicklungsministerium wollte die Anschuldigungen gegen Ruanda zunächst nicht bewerten. Dies werde zu "gegebener Zeit im Lichte der weiteren Entwicklung gemeinsam mit unseren Partnern in der internationalen Gemeinschaft erfolgen", so die Antwort auf eine DW-Anfrage.