USA und Deutschland: 500 weitere Soldaten
13. April 2021Es ist eine deutliche Abkehr von der Politik seines Vorgängers: Bei seinem ersten Besuch in Deutschland seit Amtsantritt hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin verkündet, weitere 500 Soldaten in Deutschland stationieren zu wollen. Das sagte er nach einem Treffen mit seiner Amtskollegin Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin. Die Soldaten sollen im Raum Wiesbaden stationiert werden. "Diese Truppen werden die Abschreckung und Verteidigung in Europa stärken", sagte Austin.
Die US-amerikanische Vorgängerregierung unter Donald Trump hatte noch im vergangenen Sommer den Abzug von 12.000 Soldaten aus Deutschland angekündigt. Das dürfte sich nun endgültig erledigt haben.
Vertrauen wiedergewinnen
Der Besuch von Verteidigungsminister Lloyd Austin ist Teil einer Vier-Stationen-Tour zu wichtigen Verbündeten. Es ist eines von mehreren kürzlich abgehaltenen virtuellen oder persönlichen Treffen zwischen Mitgliedern der Biden-Administration und ihren europäischen Amtskollegen. Sie gehören zu einer umfassenden diplomatischen Bemühung, die Vereinigten Staaten wieder als führend im Umgang mit der globalen Stabilität zu etablieren und nervöse Verbündete zu beruhigen, die durch den oft abweisenden, manchmal schikanösen, Ton der früheren Trump-Administration erschüttert wurden.
Der Besuch kommt zu einer Zeit, in der Druck gleich an mehreren Fronten spürbar ist. Russische Truppen scheinen sich an der Grenze zur Ukraine zu sammeln. Israel wird verdächtigt, eine iranische Urananreicherungsanlage sabotiert zu haben. Die Frist für den Abzug aus Afghanistan läuft ab.
Einfache Lösungen für diese und andere globale Sicherheitsprobleme sind Mangelware, und die Partner bleiben in einigen dieser Fragen gespalten. Dennoch sagen beide Seiten, sie seien verpflichtet, zusammenzuarbeiten.
"Deutsche und amerikanische Soldaten stehen in einer Reihe von Operationen Seite an Seite", sagte vor dem Besuch Austins ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums in einer Stellungnahme der DW und beschrieb die deutsch-amerikanische Partnerschaft als "stark und wachsend".
Austins Treffen mit Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und anderen deutschen Verteidigungs- und Sicherheitsvertretern sollte laut einer Erklärung des US-Verteidigungsministeriums "den Wert bekräftigen, den die Vereinigten Staaten auf die bilateralen Verteidigungsbeziehungen mit einem unserer engsten NATO-Verbündeten legen".
Uneinigkeit bei Russland
Die USA wollten Deutschland auch dazu bringen, "den unheilvollen Einfluss unserer gemeinsamen strategischen Rivalen zu bekämpfen" - eine Anspielung auf Russland und ein Streitpunkt zwischen beiden Seiten.
Wie Trump ist auch der amtierende US-Präsident Joe Biden gegen Nord Stream 2, eine Unterwasser-Gaspipeline, die die russischen Erdgasverkäufe nach Deutschland verdoppeln könnte. Biden nannte es ein "schlechtes Geschäft" für Deutschland und wird wohl die Sanktionspolitik aus der Trump-Ära fortsetzen.
Die deutsche Regierung verteidigt das Projekt als ein von der Geopolitik losgelöstes kommerzielles Geschäft. Die USA und viele europäische Verbündete Deutschlands halten das für naiv und befürchten, dass es Klimaziele untergräbt und sowohl die deutsche als auch die europäische Sicherheit gefährdet. Kritiker wollen russische Staatskassen, die das Säbelrasseln in der Ukraine und anderswo finanzieren können, von einer potenziell lukrativen Einnahmequelle abschneiden.
In Berlin signalisierte nun Kramp-Karrenbauer ihrem Amtskollegen ein Entgegenkommen bei dem Thema. Sie sagte, dass man für den Fall einer Fertigstellung der Pipeline die Menge des Gas-Transports auch vom Verhalten Russlands abhängig machen müsse. Schon zuvor hatten die Außenminister Heiko Maas und Antony Blinken vor kurzem bei ihrem ersten Treffen in Brüssel vereinbart, über eine Lösung des Konflikts im Gespräch zu bleiben.
Das Thema Verteidigungsausgaben ist ein weiteres Überbleibsel aus den Trump-Jahren und den Obama-Jahren davor, als Joe Biden Vizepräsident war. Deutschland hat seinen Verteidigungshaushalt laut NATO-Angaben seit 2013 um etwa ein Drittel erhöht, wird aber noch mehr ausgeben müssen, um die vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts bis 2024 zu erreichen.
Unter den NATO-Mitgliedern liegt Deutschland bei den Verteidigungsausgaben unter dem Durchschnitt. Es ist auch eines der wenigen Mitglieder, die eine weniger bekannte Kennzahl nicht erreichen - nämlich, dass 20% der Ausgaben für Ausrüstung ausgegeben werden.
Die Frage der Grünen
Nach seinem Besuch in Berlin plant Austin, nach Süddeutschland weiter zu reisen, wo sich die europäischen und afrikanischen Kommandos des US-Militärs befinden. Deutschland beherbergt eines der größten Kontingente von US-Truppen außerhalb der USA, und ihre jahrzehntelange Präsenz wird aus symbolischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Gründen breit unterstützt.
Allerdings ist nicht alles eitel Sonnenschein. In der deutschen Nachkriegsgeschichte gab es seit jeher eine starke Antikriegs- und Anti-Atomkraft-Bewegung, die mit der aufstrebenden Partei "Bündnis 90/Die Grünen" eng verbunden ist, ebenso mit der Linkspartei. Die Grünen sind derzeit in einer starken Position, der nächsten Regierung nach den Bundestagswahlen im September beizutreten oder sie möglicherweise sogar anzuführen.
US-Truppen im eigenen Land zu beherbergen, bedeutet auch die Duldung von Operationen, wie z. B. Drohnenangriffen, die von US-Streitkräften von deutschem Boden aus durchgeführt werden, was vielen Grünen-Mitgliedern ein tiefes Unbehagen bereitet.
Das Wahlprogramm der Grünen unterstützt im Großen und Ganzen die NATO und die transatlantischen Beziehungen, fordert gleichzeitig aber auch ein atomwaffenfreies Deutschland. Das würde die US-Militärplanung durchkreuzen und der Politik der nuklearen Teilhabe der NATO widersprechen.
Das Parteiprogramm der Grünen lehnt zudem die 2%-Ausgabenrichtlinie als "willkürlich" ab. Die Partei fordert stattdessen eine "faire Lastenteilung".
Die Grünen sehen die weitere Rolle Deutschlands in Afghanistan skeptisch. Im März stimmte der Bundestag für eine Verlängerung des NATO-Einsatzes in Afghanistan. Die Mehrheit der Grünen-Fraktion stimmte dagegen oder enthielt sich.
Auf einer Pressekonferenz im vergangenen Monat sagte Biden, die USA plane in der Tat, ihre eigenen Truppen irgendwann abzuziehen, aber wahrscheinlich nicht bis zum 1. Mai.
Dieser Text wurde aus dem Englischen übersetzt.