Venezuela: Alle Augen auf das Militär
24. Januar 2019"Die Streitkräfte werden niemals einen Präsidenten akzeptieren, der von dunklen Mächten eingesetzt wird, oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt", sagte der venezolanische Verteidigungsminister Vladimir Padrino López. "Wir erkennen unseren Chefkommandeur Nicolás Maduro als legitimen Präsidenten an." Zugleich warnte Padrino López vor einer gewalttätigen Lösung des Konflikts. "Bürgerkrieg wird die Probleme Venezuelas nicht lösen", sagte er. Es bedürfe eines Dialogs zwischen der Regierung und der Opposition, "denn ein Krieg ist nicht unsere Wahl, sondern ein Instrument vaterlandsloser Gesellen, die nicht wissen, was das bedeutet." Zuvor hatten acht Generäle ihre "Loyalität" und ihren "absoluten Gehorsam" gegenüber Maduro bekräftigt.
Militär ist gespalten
Der einflussreichen und mächtigen Armee kommt in dem Machtkampf in Venezuela eine bedeutende Rolle zu. Ob Maduros Absetzung gelingt, dürfte entscheidend davon abhängen, ob der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó zumindest Teile der Streitkräfte auf seine Seite ziehen kann. "Sicher ist: Das Militär im Land ist gespalten", sagte der ehemalige Handels- und Industrieminister Moisés Naím auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Ein Teil der Streitkräfte sei "sehr sehr unglücklich" mit der Lage im Land. "Allerdings steht das Militär unter straffer Kontrolle", ergänzte er. Venezuela drohe zum Spielball geopolitischer Konflikte zu werden.
Vermittlungsangebot
Mexiko und Uruguay haben angesichts der Eskalation einen Vorstoß für einen Dialog zwischen Regierung und Opposition in Venezuela gestartet. "Wir fordern alle Akteure dazu auf, eine friedliche und demokratische Lösung zu finden. Deshalb schlagen wir einen neuen Verhandlungsprozess vor, der den Rechtsstaat und die Menschenrechte achtet", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Rückendeckung für Guaidó auch aus Deutschland
Bundesaußenminister Heiko Maas stellte sich klar auf die Seite Guaidós. "Wir sind nicht neutral in dieser Frage, sondern wir unterstützen das, was Guaidó dort tut", sagte der SPD-Politiker der DW während eines Besuchs bei den Vereinten Nationen in New York. Deutschland habe große Probleme, die Wahl von Maduro zum Präsidenten anzuerkennen. "Es ist offensichtlich gewesen, dass es so viele Verstöße gegen das Wahlrecht gegeben hat, dass man nur bedingt von einer demokratischen Wahl sprechen kann." Deshalb setze sich die Bundesregierung für eine Neuwahl ein.
Maduro hatte nach der angekündigten Unterstützung der USA für Guaidó die diplomatischen Beziehungen zu dem Land abgebrochen. Er gab den US-Diplomaten bis zum Sonntag Zeit, das südamerikanische Land zu verlassen. US-Außenminister Mike Pompeo konterte zunächst, die Anweisungen des Sozialisten seien gegenstandslos, da die USA dessen Regierung nicht mehr anerkenne. "Was denken sie, wer sie sind", fragte Maduro aufgebracht in einer Rede vor dem Obersten Gerichtshof. "Denken sie, sie hätten eine koloniale Enklave in Venezuela?" Er kündigte an, das konsularische und diplomatische Personal seines Landes bis Samstag aus den USA abzuziehen.
USA ziehen Diplomaten teilweise ab
Das US-Außenministerium ordnete schließlich doch an, dass alle nicht dringend benötigten US-Diplomaten den südamerikanischen Krisentaat verlassen sollten. Die US-Botschaft in Caracas empfahl amerikanischen Bürgern zudem, eine Ausreise "dringend in Betracht zu ziehen" solange es noch Linienflüge gebe. Die Botschaft bleibe aber geöffnet, teilte das Außenministerium mit.
Aussicht auf humanitäre Hilfe aus den USA
Guaidó stellte in seiner neuen Funktion als selbsternannter Übergangspräsident einen Antrag auf humanitäre Hilfe aus den USA. Er bitte um Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischen Artikeln, schrieb er an US-Außenminister Pompeo. Auch die Entsendung eines Klinikschiffs sei wünschenswert. Zuvor hatte Pompeo bereits humanitäre Hilfslieferungen in Aussicht gestellt, sobald das logistisch möglich sei. Die USA seien bereit, 20 Millionen Dollar für Lebensmittel und Medizin zu schicken, sagte er.
Die USA haben außerdem eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Krise in Venezuela beantragt. Die offene Debatte des mächtigsten UN-Gremiums soll demnach am Samstag stattfinden.
Am Mittwoch hatte Parlamentschef Juan Guaidó sich inmitten von Massenprotesten gegen Maduro selbst zum Interimspräsidenten erklärt und den sozialistischen Machthaber offen herausgefordert. Die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder erkannten Guaidó daraufhin als legitimen Staatschef an. Auch hochrangige Vertreter der EU signalisierten ihre Unterstützung für den 35-Jährigen. Maduro hingegen kann nicht nur auf die Unterstützung des mächtigen Militärs setzen, sondern auch auf die seiner Verbündeten in Russland, Iran, China, Türkei, Kuba, Bolivien und Nicaragua.
Bei den Massenprotesten am Mittwoch war es zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Beamte schleuderten Steine auf die Beamte. Nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) kamen bei den Krawallen mindestens 26 Menschen ums Leben.
rk/qu (dw, dpa, afp, rtr)