Verwirrung um Truppenabzug aus dem Irak
28. Januar 2005War es ein Unfall oder ein Abschuss? Im Westirak stürzte am Mittwoch (26.1.2005) ein US-Transport-Hubschrauber ab. 31 US-Soldaten kamen darin um. 31 von über 150.000 Amerikanern, die momentan im Irak stationiert sind. Mehr als 1400 amerikanische Militärangehörige ließen seit Kriegsbeginn ihr Leben, meldet die Nachrichtenagentur AP. Um die Amerikaner und die mit ihnen verbündeten Briten könnte es zudem bald einsam werden. Kleinere Kontingente aus der "Koalition der Willigen" ziehen sich nach und nach aus dem Irak zurück. Im März sind die Niederländer dran.
Die amerikanische und die britische Regierung stecken in der Zwickmühle. Jeder tote Soldat erhöht den Unmut an der Heimatfront und wirft erneut die Frage nach der Legitimität des Krieges auf. Und nicht nur das. Viele Iraker sind der Meinung, dass die ausländischen Truppen am täglichen Bombenterror Schuld sind.
Wann geht es nach Hause?
Mit Aussagen zum Truppenrückzug müssen die Kriegskoalitionäre dennoch vorsichtig sein. Das hat zum einen militärisch-strategische Gründe. Ein fester Termin könnte die Aufständischen erst recht motivieren, befürchten die Briten. Eine vorschnell geäußerter Termin für einen Abzug ist eigentlich auch für George W. Bush heikel. Schon zu oft hat der US-Präsident die Befreiung des irakischen Volkes und die Demokratisierung des Landes als Grund für die Intervention angeführt, als dass er sich voreilig aus einem im Chaos versinkenden Irak zurückziehen könnte.
Trotzdem geisterten in den Tagen vor den Irak-Wahlen am Sonntag (30.1.2005) etliche Meldungen über Strategien zum Truppenrückzug durch die Presse. Frühestens Anfang 2006 könnten die amerikanischen Soldaten den Irak verlassen, sagte Bush am Donnerstag dem arabischen Fernsehsender "AlArabija". Nur um einen Tag später einem überraschten Journalisten der Zeitung "New York Times" zu verraten, er werde die Armee sofort zurückziehen, falls ihn die neu gewählte irakische Regierung darum bitte. Das Pentagon wiederum hat anscheinend eigene Vorstellungen zum Thema und sprach noch in derselben Woche über eine Stationierungsdauer von mindestens zwei Jahren. Am Freitag, zwei Tage vor der Parlamentswahl im Irak, wurden schließlich Einzelheiten über gemeinsame Rückzugspläne von Briten und Amerikanern in der britischen Zeitung "Guardian" publik.
Gemeinsamer Rückzugsplan?
Bereits am 24. Januar hätten US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und sein britischer Kollege Geoffrey Hoon sich auf Voraussetzungen für einen Abzug verständigt. Um die 150.000 Mann starke Truppe zu ersetzen, müssten die Anzahl der Auszubildenden der irakischen Polizei verdoppelt und zudem Einheiten gebildet werden, die ein bisschen Polizei und ein bisschen Armee darstellen sollten. Diese Vorschläge hatte der ehemalige US-General Gary Luck gemacht. Der Ex-Militär war von Rumsfeld im Dezember 2004 in den Irak geschickt worden, um den desolaten Zustand der irakischen Sicherheitskräfte zu untersuchen. Auf einen Zeitplan haben sich die Verteidigungsminister explizit nicht festgelegt. Aber während sich die Briten einen raschen Abmarsch in Etappen wünschen, glaubt der Ex-General, dass es noch Jahre dauern könne, bis die irakische Polizei bereit dafür sei.
"Es überrascht nicht, dass die USA und Großbritannien spezifische Bedingungen für einen Truppenabzug gerade kurz vor der Wahl formulieren", sagt der deutsche Politikwissenschaftler Joachim Krause im Gespräch mit DW-WORLD. "Das ist auch eine Botschaft an die Iraker: 'Unser Rückzug hängt davon ab, wie Ihr Euch selbst organisiert.'"