Gemeinsame Bühne, unterschiedliche Prioritäten
12. Februar 2016Einen Tag war der Vorstoß zu einer NATO-Mission im Ägäischen Meer gerade alt, als Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr französischer Amtskollege Jean-Yves Le Drian in München das Wort ergriffen. Im Fadenkreuz des geplanten Einsatzes: Schlepperbanden. Das Ziel der maßgeblichen Initiatoren Deutschland, Griechenland und Türkei: Den Zustrom von Flüchtlingen zu reduzieren.
Im Fokus beider Redner standen der Syrien-Konflikt und die Flüchtlingskrise. Und genau hier zeigten sich deutliche Unterschiede: Von der Leyen brachte eine zivile Ausbildungsinitiative der Bundeswehr für syrische Flüchtlinge ins Spiel. Wenn der Konflikt eines Tages beendet sei und Waffenstillstand herrsche, könnten die ausgebildeten Flüchtlinge zurück in ihre Heimat gehen und dort ihre neu erlernten Fähigkeiten für den Wiederaufbau des Landes nutzen. Die Bundeswehr bilde bereits in mehr als 100 Berufen aus: vom Elektriker bis zum Feuerwehrmann, vom Minenräumer bis zum Sanitäter, vom Logistiker bis zum Verwaltungsexperten.
Anderer Fokus
Jean-Yves Le Drians Rede hatte hingegen eine ganz andere Stoßrichtung. Während von der Leyen hauptsächlich über den Kampf gegen Schlepperbanden und die neue Ausbildungsinitiative sprach, ging es bei dem französischen Verteidigungsminister vor allem um den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und die am Vorabend erreichte Vereinbarung der Syrien-Kontaktgruppe zu einer Feuerpause in Syrien.
Der IS sei ein "Albtraum", sagte Le Drian. Das Regime um Machthaber Assad beschuldigte er, mit islamistischen Extremisten zu kooperieren. Rakka und Mosul müssten schnellstmöglich vom IS befreit werden, drängte er und forderte eine globale Strategie gegen die Terrormiliz.
Eine wichtige Rolle spiele dabei vor allem Russland und die USA. An Moskau gewandt erklärte Le Drian, die Vereinbarungen vom Vorabend könnten nur realisiert werden, wenn Russland seine willkürlichen Bombenangriffe in Syrien stoppe. Die strategische Zurückhaltung der Obama-Regierung im Syrien-Konflikt dürfe nicht zu Gleichgültigkeit führen, warnte er an Washington gewandt.
Ein gemeinsamer Nenner fand sich in den Reden der beiden Verteidigungsminister dennoch: Beide betonten die enge Zusammenarbeit ihrer Länder – etwa bei den Geheimdiensten. In der Syrien- und Flüchtlingskrise fahren beide Länder allerdings eine unterschiedliche Agenda. Das haben die beiden Reden zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz gezeigt.