Schlöndorff auf DVD
20. März 2009"Die Blechtrommel" und "Homo Faber" dürften viele Zuschauer kennen. Vor allem auch die Schülerinnen und Schüler in Deutschland, die Schlöndorffs Filme als Ergänzung zur Schullektüre im Kino gesehen haben. Auch "Der junge Törless" und "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" sind bekannt. Aktuelle Streifen wie "Die Stille nach dem Schuss" und "Strajk - Die Heldin von Danzig" waren jüngst noch im Fernsehen, "Der neunte Tag" und "Ulzhan - Das vergessene Licht" im Kino zu sehen.
Interessant dagegen der Blick auf weniger bekannte Werke Volker Schlöndorffs, die gerade auf DVD erschienen sind, bzw. demnächst angeboten werden. Vier Beispiele:
"Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach" (1971)
Ein schön fotografierter schwarz-weißer Heimatfilm aus den frühen Siebzigern. Schlöndorffs Beitrag zum damals "Neuen deutschen Heimatfilm", ein Subgenre, das so gar nichts mit dem Heimatfilm der 50er zu tun hatte. Hier ging es nicht um Idylle und Kaiserwetter, hier standen Bauernaufstände und das Leben der im sozialen Abseits stehenden im Mittelpunkt. In Schlöndorffs hessischer Heimat soll im Jahre 1822 eine Geldkutsche überfallen werden, irgendwann gelingt das auch, doch die Bauern scheitern danach schnell, weil sie unfähig sind, mit dem Diebesgut schlau umzugehen. Das schönste am Film heute beim Wiedersehen: die Bilder von Kameramann Franz Rath, der Odenwald im Nebel. In einer Nebenrolle: Rainer Werner Fassbinder.
"Die Moral der Ruth Halbfass" (1972)
Der radikale Bruch mit den zuvor gedrehten Filmen, keine literarische Vorlage (dafür schrieb der Literaturkritiker Peter Hamm am Drehbuch mit), farbig statt schwarz-weiß, in der Gegenwart angesiedelt, die Handlung eine Mischung aus privaten Intrigen, gesellschaftlichen Seitenhieben und Sozialkritik. Schlöndorffs Versuch eine gehobene Soap zu drehen, grell, bunt, unterhaltsam. Der damals maßgebliche Kritiker Joe Hembus schrieb: "Ein fassbinderischer Schlöndorff-Film, dem zur Vollendung nur eine fassbinderische Besetzung fehlt. Nur aus Rücksicht auf Senta Berger unterließ es Schlöndorff, den Film in letzter Minute in "Mutti" umzutiteln." "Die Moral der Ruth Halbfass" ist eher weniger typisch für Schlöndorffs Werk, wahrscheinlich weil er sich bei seiner Geschichte nur von einer Zeitungsnotiz inspirieren ließ... .
"Strohfeuer" (1972)
Ein so typischer 70er Jahre Film, dass es allein deshalb Freude macht, ihn wieder zusehen. Von der Schlaghose angefangen ist alles dabei und auch die Geschichte der Elisabeth Junker ist eng mit der Zeit verbunden. Der Versuch der jungen Frau in ein neues Leben aufzubrechen, alte Fesseln abzuwerfen ist auch ein (Spiel-)Filmdokument der Emanzipation der Zeit. Und ebenso ein Film von Margarethe von Trotta, Schlöndorffs Frau damals und nicht nur in diesem Film Darstellerin und Mitautorin. Es ist auch ihre Geschichte, die hier erzählt wird. Der ursprünglich fürs Fernsehen gedrehte Film lief sogar in den US-Kinos recht erfolgreich. Die amerikanische Kritik feierte Schlöndorffs Film überschwenglich als tiefgründiges, verständnisvolles Frauenporträt in der Tradition eines Bergman, Fellini und Chabrol!
"Die Fälschung" (1981)
Gedreht um die Jahreswende 1980/81 im vom Bürgerkrieg umkämpften Beirut. Die Geschichte eines Journalisten und eines Fotografen, die in Beirut für eine deutsche Zeitung arbeiten. Der Kriegsreporter agiert zu Beginn noch skrupel- und gewissenlos. Durch die Beziehung mit einer deutschen Botschaftsangestellten verändert sich sein Weltbild. Das führt zu beruflichen und auch privaten Konsequenzen. Dem Film warf man damals das vor, was er zu kritisieren versuchte: "Im Umkreis des Films wird bedenkenlos umgegangen mit Tod und Krieg und Gewalt und Sterben. Den Film umgibt ein Leichengeruch, der für Authentizität ausgegeben wird." (Norbert Jochum 1981 in "Die Zeit"). Heute würde man wahrscheinlich weniger harsch urteilen.
Die vier Schlöndorff-Filme liegen beim Anbieter Kinowelt/Arthaus vor, "Strohfeuer" erscheint am 3.4., "Die Moral der Ruth Halbfass" kommt am 22. 5. heraus.
Autor: Jochen Kürten
Redaktion: Conny Paul