Wahl im Kongo: Keine Euphorie in Berlin
11. Januar 2019In den deutsch-kongolesischen Beziehungen herrscht seit Jahren Eiszeit. Der letzte Besuch eines deutschen Außenministers ist fast vier Jahre her, seit zwei Jahren hat die Bundesregierung keine neue Entwicklungshilfe mehr zugesagt. Zu groß war der Ärger über den immer autoritärer regierenden Präsidenten Kabila, der nach dem Ende seiner letzten Amtszeit einfach an der Macht blieb und die Wahl eines Nachfolgers immer wieder verschob.
Die hat nun stattgefunden, doch auch nach Bekanntgabe der Ergebnisse bleibt die Bundesregierung vorsichtig. Als einziger hochrangiger Regierungsvertreter äußerte sich Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Donnerstag. "Wir alle können nur an den amtierenden Präsidenten Kabila als auch an die jetzige Opposition appellieren: Frieden und ein friedlicher Übergang zu dem neuen Präsidenten stehen über allem", sagte Müller am Rande einer Afrikareise vor Journalisten in Sambia. Das Auswärtige Amt teilte in einer Stellungnahme mit, es nehme die Ergebnisse und die Proteste dagegen "zur Kenntnis". Andere europäische Regierungen wurden deutlicher: "Es scheint, dass die ausgerufenen Ergebnisse nicht mit den Ergebnissen übereinstimmen, die man hier und dort sehen konnte", sagt Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian.
Banger Blick nach Kinshasa
Trotz der demonstrativen Zurückhaltung blickt die Bundesregierung gespannt auf die Ereignisse. Wahlsieger ist nach offiziellen Angaben der bisherige Oppositionspolitiker Félix Tshisekedi mit rund 38 Prozent der Stimmen. Sein ärgster Rivale Martin Fayulu bekam 35 Prozent, Präsident Kabilas Wunschnachfolger Emmanuel Shadary landete mit rund 24 Prozent abgeschlagen auf Platz 3.
"Das System Kabila ist abgewählt worden. Das ist extrem positiv", sagt Uwe Kekeritz, Afrikaexperte der Grünen im Bundestag, zur DW. "Es ist ein möglicher Anfang und wir können nur hoffen, dass sich die Verhältnisse im Kongo mit internationaler, europäischer und auch deutscher Unterstützung bessern werden."
Deutschland galt lange als Unterstützer Kabilas. Mehr als 700 deutsche Soldaten sicherten die Wahlen 2006, Kabila ging am Ende als Sieger hervor. Die damalige Bundesregierung hielt ihn zunächst noch für einen Hoffnungsträger, der dem krisengeschüttelten Land Frieden und Demokratie bringen sollte. Dieses Bild hat sich komplett gewandelt, zuletzt galt er als korrupter Autokrat.
Zweifel am Ergebnis
"Ich glaube, wir alle sind froh, das Kabilas Marionette nicht als Sieger hervorgegangen ist", sagt auch der FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Parlamentariergruppe Zentralafrika, Christoph Hoffmann, im DW-Interview. "Ein Großteil der Bevölkerung wollte nicht mehr, dass es so weitergeht wie bisher."
Euphorie kommt in Berlin trotzdem keine auf, weil Thisekedis Wahlsieg von massiven Betrugsvorwürfen überschattet wird. Wahlverlierer Fayulu nannte die Ergebnisse "erfunden und gefälscht", auch die einflussreiche katholische Kirche meldete erhebliche Zweifel an. Hoffmann fordert daher von der Bundesregierung, die ihre Gesprächskanäle zur Kabila-Regierung immer offen hielt, aktiv zu werden. "Deutschland muss darauf drängen, dass Transparenz herrscht, dass die Wahlergebnisse auch für internationale Wahlbeobachter einsehbar werden", so Hoffmann zur DW.
Auch nach der Bildung einer neuen kongolesischen Regierung soll sich Deutschland mehr engagieren. Das fordert der außenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Stefan Liebich. "Deutschland und viele Staaten auf der Erde haben wirtschaftliche Interessen im Kongo", so Liebich zur DW. Afrikas zweitgrößter Staat gehört zu den wichtigsten Rohstofflieferanten weltweit - zum Beispiel für Coltan, ohne das kein Smartphone funktioniert. "Wir müssen mit der neuen Regierung, die hoffentlich bald zu arbeiten beginnt, sehr intensiv über das Thema Korruptionsbekämpfung sprechen und wir müssen uns auch dafür interessieren, wie die wichtigen Rohstoffe hergestellt werden, die wir alle benötigen", so Liebich.