Wahl in Irland: Drei Parteien nahezu gleichauf
9. Februar 2020Ganz sicher können alle Beteiligten erst am Sonntagnachmittag sein, denn das irische Wahlsystem ist kompliziert. Jeder Wähler hat nur eine Stimme, kann aber mehrere Präferenzen angeben. In jedem der 39 Wahlkreise können bis zu fünf Kandidaten in das 160-Mitglieder-starke Parlament (Dail) einziehen. Und die Nachwahlbefragung basiert nur auf der ersten Präferenz.
Demnach liegen sowohl die beiden etablierten Parteien aus dem bürgerlichen Lager, Fine Gael und Fianna Fail, als auch die eher linke Sinn Fein bei etwa 22 Prozent der Stimmen. Das ist aus zweierlei Gründen interessant: Erstens wurde dem amtierenden Ministerpräsidenten Leo Varadkar der Machtverlust vorhergesagt - nun sieht er seine liberal-konservative Fine Gael mit prognostizierten 22,4 Prozent hauchdünn in Führung. Und zweitens liegt die Sinn Fein mit demnach 22,3 Prozent faktisch gleichauf - für die einzige politische Partei, die auf beiden Seiten der geteilten Insel eine bedeutende Rolle spielt, und die früher als politischer Arm der Untergrundorganisation IRA galt, ist das bereits ein großer Erfolg.
Keine Partner für Sinn Fein
Sinn Fein hatte bei der vergangenen Wahl 2016 lediglich rund 14 Prozent der Stimmen erreicht. Die mal als nationalistisch, mal als republikanisch, mal als linksgerichtet bezeichnete Partei fordert eine Wiedervereinigung des britischen Landesteils Nordirland mit der Republik Irland. Im Wahlkampf dürfte sie aber vor allem mit ihren sozialpolitischen Forderungen gepunktet haben. Regierungspartei wird Sinn Fein mit einiger Sicherheit nicht - die anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit ausgeschlossen.
Dritte im Bunde ist die Mitte-Rechts-Partei Fianna Fail. Ihr werden 22,2 Prozent prognostiziert, womit sie wie die Fine Gael an Stimmen verloren haben dürfte. Die beiden Mitte-rechts-Parteien haben seit der Unabhängigkeit Irlands vor fast einem Jahrhundert fast immer abwechselnd die Regierung gestellt. Fianna Fail war zuletzt zwar keine Regierungspartei, hatte jedoch die Minderheitsregierung aus Fine Gael und unabhängigen Abgeordneten toleriert.
Regierungschef Varadkar stand fast drei Jahre lang an der Regierungsspitze. Im Wahlkampf hatte der 41-Jährige seine starke Rolle in den Brexit-Verhandlungen zwischen London und Brüssel in den Mittelpunkt gestellt. Viele Wähler interessierten sich aber gar nicht für den Brexit, sondern vielmehr für Themen wie Wohnen und Gesundheit.
rb/jm (afp, ap, dpa, rtr)