Was hat sich seit George Floyds Tod geändert?
25. Mai 2021Das Bild des ehemaligen Polizisten Derek Chauvin, der auf dem Hals von George Floyd kniete, löste nicht nur in den Vereinigten Staaten Proteste aus, sondern auf der ganzen Welt. Die Denkmäler und Wandgemälde, die in seinem Namen entstanden, warfen auch ein Schlaglicht auf die Polizei.
Die "Black Lives Matter"-Bewegung sorgte für internationales Interesse an Floyds Tod. Mit immer mehr Protesten in immer mehr Städten wuchs der Druck auf Politik und Behörden, sich um die Polizeikultur und Fragen sozialer Gerechtigkeit zu kümmern.
In Washington demonstrierten Tausende zur Unterstützung der "Black Lives Matter"-Bewegung, um den Mord an George Floyd im öffentlichen Bewusstsein zu halten - und stießen über Wochen auf das aggressive und manchmal gewalttätige Vorgehen der US-Nationalgarde. Als Reaktion darauf gab Bürgermeisterin Muriel Bowser den Auftrag, die Worte "Black Lives Matter" riesengroß auf eine Straße nicht weit vom Weißen Hauses zu schreiben.
Wie kann eine Polizeireform aussehen?
Alle Proteste einte der Wunsch nach Reformen bei der Polizei. Polizisten bearbeiten ganz unterschiedliche Fälle, von Verbrechen bis hin zu psychischen Krisen. Als erste vor Ort wird von ihnen erwartet, dass sie Situationen deeskalieren, aber der Schwerpunkt der Polizei-Ausbildung liegt auf dem Einsatz von Schusswaffen und auf Selbstverteidigung. "Im Durchschnitt erhalten Polizisten landesweit 60 Stunden Waffentraining und nur 10 Stunden Deeskalationstraining", sagt Keturah Herron, eine "Black Lives Matter"-Aktivistin in Kentucky. "Sie werden darauf trainiert, zuerst anzugreifen. Die Struktur der Polizei ist nicht darauf ausgerichtet, mit Problemen umzugehen, außer wenn es um Gewaltanwendung geht", fährt Herron fort. "Ich weiß nicht, ob es an der Ausbildung liegt. Ich denke wir müssen die Philosophie ändern."
Vorschläge für Reformen nehmen in den USA allmählich Gestalt an. In der Hauptstadt Washington wird die Polizei nun nicht mehr immer der erste Ansprechpartner sein, wenn es um psychische Krisen geht. Stattdessen werden nun unbewaffnete Teams von Gesundheitsexperten zum Einsatzort geschickt. Doch die mächtigen Polizeigewerkschaften sind kritisch gegenüber Veränderungen und kämpfen aktiv gegen Reformen.
Was tun Weißes Haus und Kongress?
US-Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und der neu gewählte, von Demokraten dominierte Kongress haben sich für Gesetze gegen Polizeibrutalität gegen Schwarze eingesetzt. Das Repräsentantenhaus hat den "George Floyd Justice in Policing Act" verabschiedet, der sich mit der Ausbildung der Polizei und auch solchen Praktiken befasst wie dem Knie auf dem Nacken, das zum Tod von George Floyd geführt hat. Doch die Republikaner, die im Senat die Mehrheit haben, wollen den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form nicht unterstützen. Derzeit wird an einer abgespeckten Version gearbeitet.
Doch einige Beobachter befürchten auch, dass Biden und Harris nicht die besten Voraussetzungen mitbringen, um dieses große Thema anzugehen. Als Senator unterstützte Biden Gesetze, die zur massenweisen Inhaftierung von Schwarzen führten. Und auch Harris' Haltung zum Thema Strafjustiz während ihrer Amtszeit als Staatsanwältin und Anwältin in Kalifornien ist umstritten. Es gibt Vorwürfe, dass sie auf unverhältnismäßig lange Haftstrafen gegen Schwarze drängte. Dennoch glauben einige Experten, dass Biden es ehrlich meint mit seinen Reformvorhaben.
Floyds Tod hat Biden dazu veranlasst, sich für "Community Policing" einzusetzen. Dabei geht es um eine Zusammenarbeit von Polizei und Bevölkerung bei der Bewältigung von Problemen. Das soll auch dazu beitragen, dass weniger Schwarze inhaftiert werden. Doch es herrschen Zweifel daran, dass er diesen Plan tatsächlich umsetzen wird. "Ich glaube nicht, dass wir etwas von ihnen [der Biden-Regierung; Anm. d. Red.] erwarten können. Ich denke, wir müssen weiterhin Druck machen", resümiert "Black Lives Matter"-Aktivistin Herron.
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert von Marco Müller.