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Weißrussland als Aufmarschgebiet

Galina Petrowskaja / Markian Ostaptschuk1. Juli 2015

Als Reaktion auf eine Verstärkung der NATO-Präsenz in Osteuropa könnte Moskau seine Militärpräsenz in Weißrussland ausbauen. Doch im Fall einer Konfrontation hätte Minsk viel zu verlieren, warnen Experten.

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Russlands Präsident Wladimir Putin und sein weißrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko (Foto: SERGEI KARPUKHIN/AFP/Getty Images)
Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und sein weißrussischer Amtskollege Alexander LukaschenkoBild: AFP/Getty Images/S. Karpukhin

Weißrussland wurde schon mehrmals von Vertretern des russischen Verteidigungsministeriums als militärischer Brückenkopf bezeichnet. Im Zusammenhang mit der Verlegung von schwerem Militärgerät durch die NATO nach Osteuropa und ins Baltikum erklärte General Juri Jakubow, dass es "wesentliche Änderungen bei der Gruppe der russischen Truppen in Weißrussland" geben werde. In einigen Berichten russischer Medien wurden sogar "russische Raketenteile" erwähnt, die sich angeblich auf weißrussischem Boden befinden.

Russische Militäranlagen in Weißrussland

"In Weißrussland gibt es weder eine Gruppe russischer Truppen noch Raketenteile", sagte der russische Militärexperte Alexander Golz im Gespräch mit der DW. Aber es gebe mehrere Militärobjekte, die für Russland wichtig seien. So unterhalte Russland im Ort Hanzawitschy ein Raketenangriff-Frühwarnsystem. Ferner gebe es in Wilejka eine Leitstelle für russische U-Boote. Darüber hinaus seien auf dem Flugplatz in Baranawitschy seit 2013 vier Kampfjets der russischen Luftwaffe stationiert. Im weißrussischen Babrujsk solle künftig sogar ein eigener russischer Luftstützpunkt entstehen.

Auch Andrej Porotnikow, Leiter des Forschungsprojekts Belarus Security Blog, betont, dass es auf weißrussischem Boden keine russischen Truppen gebe, die zu einem Angriff in der Lage wären. "Die russischen Objekte in Wilejka und Hanzawitschy werden von rund 1000 russischen Militärs betreut. Doch das sind Techniker, Kommunikationsleute und Wachen. Der Militärflugplatz Baranawitschy befindet sich unter weißrussischem Kommando", erklärte der Militärexperte.

Andrej Porotnikow (Foto: Andrej Porotnikow)
Andrej Porotnikow: Moskau könnte Minsk in einen Ost-West-Konflikt hineinziehenBild: Privat

"Syndrom imperialen Denkens"

Porotnikow meint, die jüngsten russischen Erklärungen über eine Verstärkung des russischen Militärs in Weißrussland würden auf ein "Syndrom imperialen Denkens" deuten. Sie seien ein Indikator dafür, was innerhalb der russischen Staatsmacht diskutiert werde. Meist komme die Kriegsrhetorik allerdings von Russen, die gar nichts zu entscheiden hätten. Dennoch warnt der Experte: "Wenn jemand in Russland in militaristische Rage gerät, kann Weißrussland nur verlieren. Minsk wird dann in die Konfrontation mit dem Westen hineingezogen." In diesem Fall würde das Land nicht mehr versuchen, die Beziehungen zum Westen zu normalisieren. "Es wird keine IWF-Kredite mehr geben. Und die westlichen Sanktionen gegen Minsk wird man nicht zurücknehmen," meint Porotnikow.

Zugleich geht er davon aus, dass der Kreml im Fall einer Verschärfung des Konflikts zwischen Russland und dem Westen dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vorschlagen wird, russische Raketenbrigaden oder Panzerdivisionen in Weißrussland zu stationieren.

Gemeinsame Verteidigung vorgesehen

Der Militärexperte der weißrussischen Internetzeitung "belrynok.by", Alexander Alesin, ist überzeugt, dass Minsk dem Druck des Kremls nicht standhalten wird, sollte Russland bei einer Zuspitzung der Lage eine Verstärkung seines Militärs in Weißrussland fordern. Im Gespräch mit der DW sagte er, Moskau werde sich dabei auf den "Vertrag über den Unionsstaat von Russland und Weißrussland" aus dem Jahr 1999 berufen. Dieser sehe einen gemeinsamen Verteidigungsraum und eine gemeinsame Armee vor.

Alexander Alesin (Foto: Alexander Alesin)
Alexander Alesin erinnert an den Unionsvertrag zwischen Russland und WeißrusslandBild: privat

In Friedenszeiten befinden sich die Militäreinheiten allerdings an den Orten ihrer ständigen Stationierung in Russland und Weißrussland. In Kriegszeiten, so der Vertrag, müssen erst die Oberkommandierenden der jeweiligen Streitkräfte einer Verlegung russischer Truppen auf weißrussischen Boden zustimmen - also die Präsidenten Putin und Lukaschenko.

Lukaschenko laviert zwischen Ost und West

Dass Lukaschenko einer Verlegung russischer Truppen in sein Land zustimmen würde, hält Alexander Golz allerdings für unwahrscheinlich: Denn bisher habe Lukaschenko zwischen dem Westen und Russland gekonnt laviert. Aus der Sicht des russischen Militärexperten beherrsche Lukaschenko das diplomatische Spiel brillant und nutze den russischen "Komplex des Verlusts des Imperiums" nur aus.

Ihm stimmt der Weißrusse Alexander Alesin zu. Allerdings betont er, dass jede Verschlechterung der Situation an den Grenzen Weißrusslands Lukaschenkos Handlungsspielraum einschränken würde. Die Ankündigungen über die Verstärkung der Militärpräsenz seitens der NATO und Russlands hält der Experte für kontraproduktiv. Der Konflikt zwischen dem Westen und Moskau könnte eine Eigendynamik entwickeln und unumkehrbare Folgen haben, warnt Alesin.