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Wer ist schuld an Afrikas Schuldenkrise?

Daniel Pelz
8. Dezember 2018

Afrikas Schuldenberg ist gigantisch. Korruption und Misswirtschaft sind ein Grund, doch Aktivisten warnen vor schnellen Schuldzuschreibungen. Sie sagen: Auch das Ausland trägt eine große Mitverantwortung.

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200-Euro-Banknoten
Bild: picture-alliance/imageBroker/F. Waldhäusl

Mosambiks Bevölkerung weiß, wie sich eine Schuldenkrise anfühlt. Viele Lehrer bekommen kein Geld mehr, Schüler müssen auf dem Boden sitzen. "In unseren Krankenhäusern sagen die Ärzte zu den Patienten: Es lohnt sich nicht, dass du hergekommen bist. Wir haben keine Medikamente", klagt die Menschenrechtsaktivistin Eufrigina dos Reis.

Geld für Bildung oder Gesundheit hat Mosambik nicht mehr. In Mosambik betrug der Schuldenberg 2017 über 102 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Internationale Währungsfonds hält schon die Hälfte bei Entwicklungsländern für gefährlich. Gefahr droht aber nicht nur dort. Letztes Jahr lag die Schuldenlast in ganz Afrika bei fast 46 Prozent der Wirtschaftsleistung. Fast die Hälfte aller Länder auf dem Kontinent sind gefährdet. "Wir machen uns große Sorgen", sagt Julius Kapwepwe vom "Schuldennetzwerk Uganda", einem Bündnis lokaler Organisationen. 

Milliarden am Parlament vorbei

Doch wer ist Schuld an der verfahrenen Lage? In Mosambik ist die Antwort auf den ersten Blick ziemlich einfach. Staatliche Firmen haben - mit Billigung der Regierung - fast zwei Milliarden Euro bei internationalen Großbanken geliehen. Mit dem Geld sollte unter anderem eine Fischerei-Flotte aufgebaut werden, doch ein Großteil ist verschwunden. Weder Parlament noch Öffentlichkeit wussten Bescheid. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit: Denn daneben drücken Mosambik noch weitere Schulden, mit denen unter anderem die Infrastruktur ausgebaut werden sollte.

Schwestern und Pfleger auf dem Flur eines Krankenhauses in Mosambik - Archivbild
Die Lage in Mosambiks Krankenhäusern ist schlechtBild: DW/B. Jequete

"Auch das Ausland spielt eine große Rolle", sagt Fanwell Bokosi, Leiter des afrikanischen Schuldennetzwerks AFRODAD. Denn einen Großteil des Geldes haben sich afrikanische Regierungen ganz legal bei Privatanlegern geliehen. "Nach der Finanzkrise 2008 waren die Zinsen im Westen niedrig und viele Menschen wussten nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollten. Auf der anderen Seite stand ein Kontinent, wo die Rohstoffpreise in die Höhe schossen, politische Rahmenbedingungen überwiegend stabil waren und der Bedarf an Infrastruktur riesig." Afrika wurde attraktiv: Mehr als zwölf afrikanische Staaten haben laut AFRODAD in den letzten Jahren Staatsanleihen an den Kapitalmärkten platziert. Letztes Jahr kamen sie so an 27 Milliarden US-Dollar.

Doch das Geld wollen die Investoren einmal zurück - mit Zinsen. Die steigen, gleichzeitig sinken vielerorts die Rohstoffpreise. Immer mehr Staaten sitzen in der Falle. Bokosi glaubt, dass die Investoren solche Risiken hätten einkalkulieren müssen: "Afrikanische Staatsanleihen wurden nicht dadurch attraktiv, dass die afrikanischen Länder ihre Schulden besser gemanagt hätten, sondern dadurch, dass es keine anderen lukrativen Märkte für die Anleger gab."

Arbeiter beim Brückenbau in Malis Hauptstadt Bamako - Archivbild
Viele Regierungen haben Schulden aufgenommen, um ihre Infrastruktur auszubauenBild: picture-alliance/Photoshot

Mehr Risiko durch den "Compact with Africa"?

Aber auch öffentliche Geber haben aus Sicht der Aktivisten Fehler gemacht. "Es sollte nur Kredite für Länder geben, die gut regiert werden", sagt Aktivistin dos Reis aus Mosambik. "Ein Land hat ein Parlament, eine Zivilgesellschaft und Gerichte. Wenn die Regierung diese Institutionen nicht respektiert, wird ein Kredit auch nicht viel nützen. Ihr Kollege Kapwepwe aus Uganda sieht es ähnlich: "Länder wie Deutschland sollten mit unserer Regierung nicht alles hinter verschlossenen Türen aushandeln. Wir Bürger müssen wissen, was passiert, damit wir die Entwicklungen mitgestalten können."

Gerade Deutschland haben die Aktivisten besonders im Fokus. Mit dem "Compact with Africa" versucht die Bundesregierung, die Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika zu stärken. Ende Oktober lud Kanzlerin Merkel dazu elf afrikanische Staatschefs nach Berlin. Durch den Compact sollen vor allem Privatinvestitionen in Afrika gestärkt werden. Dadurch soll unter anderem die Infrastruktur ausgebaut werden - Straßen, Brücken oder Bahnlinien sollen die Wirtschaft vor Ort ankurbeln. Die Bundesregierung lobt das Projekt, Aktivisten wie Fanwell Bokosi sind skeptisch: "Die Infrastrukturprojekte werden wahrscheinlich als öffentlich-private Partnerschaften umgesetzt werden", sagt er. "Wir wissen auch aus Europa, dass diese Projekte oft schief gehen. Für Verluste muss der Staat gerade stehen. Wenn also auch diese Projekte scheitern, werden viele Regierungen wieder Kredite aufnehmen müssen, um ihrer finanziellen Verantwortung gerecht werden zu können."