1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wilderei rottet Elefanten und Nashörner aus

Philipp Sandner13. Februar 2014

Der Handel mit illegal erlegten Wildtieren ist zum Milliardengeschäft einer internationalen Mafia geworden. Besonders in Asien ist die Nachfrage hoch. Viele Staaten sagen der Wilderei den Kampf an.

https://p.dw.com/p/1B8D2
Konfiszierte Stoßzähne in Simbabwe
Bild: picture-alliance/dpa

Tansanias Beauftragter für Wildtiere zeigt sich besorgt: "Wenn wir keinen gemeinsamen Weg finden, werden wir innerhalb der nächsten zehn, zwölf Jahre keine Elefanten mehr haben", sagt Alexander Songorwa. Diese Botschaft gab der Leiter des tansanischen Amtes für Wildtiere seinem Präsidenten und seinem Tourismusminister mit nach London. Dort berieten diese sich am Donnerstag (13.02.2013) mit Kollegen aus 50 Staaten über Möglichkeiten, der Wilderer-Mafia Herr zu werden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass kommende Generationen Elefanten, Tiger und Nashörner nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Sie nahm als Vertreterin der deutschen Regierung an der Konferenz teil.

90 Prozent weniger Tiere in 40 Jahren

Der Warnruf scheint berechtigt, denn die Elefantenpopulationen in Afrika sind in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen. Im Selous-Nationalpark in Tansania etwa waren in den 1970er Jahren rund 109.000 Elefanten zu Hause - eine der wichtigsten Populationen in Afrika. Heute sind es gerade einmal 13.084 Tiere. Das ist das Ergebnis einer Elefantenzählung, die im Oktober 2013 mit deutscher Hilfe durchgeführt wurde. Von einer "Herkulesaufgabe" spricht Christof Schenck von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF). "Mehrere Flugzeuge waren drei Wochen lang ununterbrochen im Einsatz. Wir haben ein Gebiet von 80.000 Kilometern überflogen, Elefanten gezählt und zur späteren Kontrolle Luftaufnahmen gemacht." Das Ergebnis bezeichnet Schenk als "niederschmetternd".

Elefanten in Kenia
Auf ihren Wanderungen legen Elefanten hunderte Kilometer zurückBild: Tony Karumba/AFP/Getty Images

Die Elefanten haben eine besondere Funktion für ihre Umwelt: "Wenn ein Elefant einen Baum niederreißt, ist das für das Ökosystem nicht von Nachteil", sagt Tansanias Wildtierbeauftragter Songorwa. "Vielmehr schafft er damit Lebensraum für kleinere Tiere, die im Wald nicht leben können." Die Herdentiere, die auf ihrer Wanderschaft weite Strecken zurücklegen, sorgen außerdem für die Verbreitung von Pflanzen: Die Samen der Früchte, von denen sie sich ernähren, tragen sie in ganz andere Regionen. Doch ihre Stoßzähne sind ein begehrtes Gut für Schmuggler.

Statussymbole und Aberglaube

Im Jahr 2013 haben Behörden die Rekordmenge von 42 Tonnen Elfenbein sichergestellt. Die Dunkelziffen liegt nach Meinung von Tierschützern deutlich höher. Angetrieben wird die Wilderei vor allem durch eine hohe Nachfrage nach dem verbotenen Handelsgut in Asien: Ein Großteil des geschmuggelten Elfenbeins geht nach China, wo Schnitzereien daraus gefertigt werden. "Das ist dort eigentlich nur ein Zeichen des Wohlstands", sagt Schenck. "Man stellt sich einen geschnitzten Stoßzahn in seine Wohnung und weiß, der hat 80.000 Euro gekostet. Wenn man Geschäftspartner einlädt, sieht das gut aus." Ein banaler Grund für das Abschlachten tausender Elefanten.

Auch Nashörner sind akut bedroht. Laut Schätzungen von Tierschutzverbänden starben in Südafrika 2013 rund 1000 dieser seltenen Tiere. Ihre Hörner werden in einigen asiatischen Ländern als Heilmittel gehandelt. Obwohl die Wirkung laut dem Worldwide Fund for Nature (WWF) wissenschaftlich widerlegt ist, ist der mit Fingernagel oder Haaren vergleichbare Rohstoff inzwischen mehr wert als Gold: Das Horn eines Tieres kann 45.000 Euro oder mehr einbringen.

Elfenbeinschmuck auf einem Ladentisch in Thailand
Sein großer Wert macht Elfenbeinschmuck zum StatussymbolBild: STR/AFP/Getty Images

Professionelle Schmuggelrouten für Nashorn und Elfenbein

Die Methoden der Wilderer haben sich in den letzten Jahren rasant geändert. Durch Internet und starken Mobilfunknetzen gebe es eine viel bessere Kommunikation zwischen den Wilderern, sagt Christof Schenck. "Die können sich heute leicht den bestehenden Handelsketten von Drogen- und Waffenschmugglern anschließen." Damit bekommt der Wildtierhandel eine ganz andere Dynamik: Keine 48 Stunden brauchen kriminelle Netzwerke nach Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), um ein Nashorn in Südafrika zu töten und sein Horn zur Weiterverarbeitung nach Vietnam zu bringen.

Der Professionalität der Verbrecher mit ebenso professionellen Mitteln entgegenzutreten - das ist für Kenia-Expertin Margit Hellwig-Bötte von der SWP die einzige Chance, die Tiere zu schützen. Dafür müsse auf allen Ebenen gehandelt werden. "Die lokalen Behörden müssen in der Lage sein, solche Verbrechen zu entdecken, aufzuklären und auch zu bestrafen", sagt sie der DW. Auch die Korruption müsse bekämpft werden, denn ohne die sei Wilderei im großen Stil gar nicht möglich. "Aber natürlich muss auch die Sensibilität in den Abnahmeländern erhöht werden."

Vermummte und bewaffnete Al-Shabaab-Islamisten demonstrieren in Somalia
Profitieren auch sie vom Wildtierhandel? Al-Shabaab-Milizionäre in SomaliaBild: picture-alliance/Photoshot

Zeit, zu handeln

Das dramatische Ausmaß der Wilderei brachte das Thema schon 2013 verstärkt auf die politische Agenda. Im Juni diskutierten darüber die G8-Staaten bei ihrem Treffen im schottischen Lough Erne, im September kam Wilderei am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen zur Sprache. Nicht nur der Tierschutz steht im Fokus. Westliche Regierungen befürchten auch, dass die Einnahmen aus dem illegalen Wildtierhandel zur Finanzierung von terroristischen Aktivitäten und Milizengruppen verwendet werden. Deutschlands Verdienst sei es, mit Veranstaltungen bei den Vereinten Nationen auf die Gefahren der Wilderei hingewiesen zu haben, sagt Hellwig-Bötte. "Inzwischen hat sich am UN-Sitz in New York eine Freundesgruppe gebildet, die sich mit dem illegalen Wildtierhandel beschäftigt." Das sei vor allem deshalb ein wichtiger Schritt, weil sich dort auch die Abnehmerländer China und Thailand beteiligen. "Es hat jetzt genug Konferenzen gegeben, es gibt ein Bewusstsein für die Problematik." Nun müssten Taten folgen.

Der britische Thronfolger Prinz Charles, der gemeinsam mit seinem Sohn Prinz William die Konferenz in London initiiert hatte, forderte am Donnerstag, dass die Nachfrage durch gezielte Kampagnen in den Zielmärkten eingedämmt werden müsse. Laut der gemeinsamen "Londoner Erklärung" sollen die Strafen für Wilderei erhöht werden. Alle Länder sollen sich außerdem verpflichten, das Washingtoner Artenschutzabkommen einzuhalten. Auch Deutschland wolle sein Engagement verstärken, sagt Umweltministerin Hendricks. So soll etwa die Ausbildung von Wildhütern unterstützt werden.

Prinz William auf der Illegal Wildlife Trade Conference in London am 12.02.2014
Eingeladen hatte das britische KönigshausBild: Reuters