Botswana: Afrikas Vorzeige-Land
8. März 2017Ndulamo Anthony Morima ist stolz auf seine Heimat. Jedes Jahr aufs Neue sei der 30. September für die Menschen in Botswana ein Tag der Freude, sagt der Autor und Politikanalyst, der in der Hauptstadt Gaborone lebt und arbeitet. Am 30. September 1966 verkündete das Land seine Unabhängigkeit von Großbritannien. Anders als andere afrikanische Länder erlangte Botswana seine Unabhängigkeit auf friedlichem Weg. Es gab keinen Bürgerkrieg, kein Blutvergießen. Das gilt bis heute für das südafrikanische Land: "Von Anfang an hatten wir freie und faire Wahlen in einer Mehrparteien-Demokratie. Nie waren Oppositionsparteien gezwungen, sich zu verstecken", sagt Morima. Auch das Rechtssystem sei unabhängig. "Manche Richter haben in sensiblen Angelegenheiten Urteile gegen die Regierung ausgesprochen - und die Regierung hat sie akzeptiert."
Auf dem Anti-Korruptionsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International rangiert Botswana seit Jahren sicher im oberen Fünftel. Aktuell belegt es die Position 35 und ist damit das mit Abstand bestplatzierte Land auf dem afrikanischen Kontinent. Der Rohstoffreichtum, der in anderen Staaten Korruption noch vorantreibt, scheint Botswana gut zu tun. Zwar ist die Wirtschaft Botswanas noch immer stark vom Diamantenabbau und -Export abhängig, doch das Land hat es verstanden, die Erlöse der Diamantenproduktion in den Aufbau eines Gesundheitswesens zu stecken und die Wirtschaft ansatzweise zu diversifizieren.
Der ehemalige Präsident Festus Mogae erhielt 2008 den renommierten Mo-Ibrahim-Preis, eine Auszeichnung, die nur afrikanische Staats- und Regierungschefs erhalten können, die ihre Macht in einem demokratischen Prozess an einen Nachfolger übergeben. Eine seltene Ehre, die für eine Vielzahl afrikanischer Langzeitherrscher unerreichbar bleibt.
Eine Stimme für Demokratie
In Sachen Demokratie trotzt Botswana dem afrikanischen Trend - und macht sich damit bisweilen unbeliebt. So forderte Präsident Ian Khama 2013 eine Wiederholung der umstrittenen Wahlen in Simbabwe - sehr zum Missfallen des dortigen Staatschefs Robert Mugabe, heute 93 Jahre alt und über 30 Jahre an der Staatsspitze. Der Dino unter Afrikas Präsidenten ist Kritik von Amtskollegen nicht gewohnt. Burundis Präsident Pierre Nkurunziza musste Kritik einstecken, als er sich 2015 verfassungswidrig für eine dritte Amtszeit wählen ließ. Und Südafrika bekam Schelte, als Sudans Präsident Omar al-Bashir nach einem Staatsbesuch unbehelligt in seine Heimat ausreisen konnte - trotz eines Haftbefehls vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
"Früher hat Botswana auf Hinterzimmer-Diplomatie gesetzt", sagt Analyst Morima. Doch die Zeiten hätten sich geändert. Die freiwillige Selbstkontrolle des African Peer Review Mechanism (APRM), eine Initiative der Afrikanischen Union, habe versagt, weil Staatschefs sie sabotiert hätten. "Unsere Präsidenten haben keine Wahl, als Staatschefs zu verurteilen, die ihre Macht missbrauchen und ihr Volk leiden lassen."
Bleibt es frei und fair?
Doch auch vor der eigenen Haustür kann Botswana noch kehren. Oppositionsparteien können zwar relativ frei agieren - öffentliche Mittel stehen ihnen bisher aber nicht zur Verfügung. Kritiker bemängeln zudem, dass die Wahlkommission strukturell zu nah an der Regierung angesiedelt sei. Und auch beim Schutz der Presse gibt es Lücken. "Wir brauchen ein Gesetz zur Informationsfreiheit", sagt Analyst Morima. Zurzeit sei es für Journalisten oft schwer, an Informationen zu gelangen, die in den Händen der Regierung lägen.
Im Wahljahr 2014 mehrte sich die Kritik gegen den amtierenden Präsidenten Ian Khama. Es gab Berichte von Anschlägen auf Aktivisten. Die Zeitung "Sunday Standard" berichtete von einem Autounfall, in den Ian Khama verwickelt sein sollte. Kurz darauf wurde Chefredakteur Outsa Mokone verhaftet. Auch Martin Adelmann, Politikwissenschaftler am Arnold-Bergstraesser-Institut in Freiburg, kritisiert den botswanischen Präsidenten: Das positive Bild des Landes habe aufgrund des autoritären Regierungsstils von Ian Khama, gelitten, schreibt er in einer Stellungnahme.
Keine Feierstimmung bei den San
Ein weiteres Thema bietet Beobachtern Anlass zur Sorge: Die San, die wegen ihrer naturverbundenen Lebensweise oft als "Buschleute" bezeichnet werden, würden zunehmend zur Aufgabe ihrer Traditionen gezwungen, sagt Linda Poppe, Deutschland-Koordinatorin der Organisation Survival International. Dabei gebe es seit zehn Jahren ein wegweisendes Urteil des Obersten Gerichts, das den San das Recht zuspreche, auf ihrem Land zu leben und zu jagen. Doch die Regierung ignoriere dieses Urteil konsequent. "Botswana präsentiert sich als naturbewusstes Land, auch um Touristen anzulocken", sagt Poppe. Die Regierung habe ein landesweites Jagdverbot verhängt - ohne Rücksicht auf die San:"Die Buschleute stören da und wurden aufgefordert, das Gebiet zu verlassen."