Frauen, in der Rente benachteiligt
17. September 2019Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Frauen sind nicht nur während ihres aktiven Berufslebens, sondern in der Folge auch im Alter gegenüber Männern stark benachteiligt. "Das Kernergebnis besteht darin, dass Frauen einen deutlich geringeren gesetzlichen Rentenanspruch haben. Wir sprechen hier von ungefähr 26 Prozent Differenz", sagt die Studienautorin Alexandra Niessen-Ruenzi von der Universität Mannheim.
Co-Autor Christoph Schneider von der niederländischen Tilburg-University kann diese Lücke der Rentenhöhe zwischen den Geschlechtern in Deutschland auch in Euro beziffern: 140 Euro beziehen Frauen im Durchschnitt weniger Rente als männliche Pensionäre in der gesetzlichen Rentenversicherung. "Je nachdem, wie lange man Rente bezieht, kommt man dann auf ganz stattliche Summen", rechnet Schneider vor. "Wenn man 15 Jahre im Durchschnitt nimmt, die jemand noch Rente bezieht nach Renteneintritt, sind das ungefähr 25.000 Euro".
Strafe fürs Kinderkriegen
Natürlich basiert die Ungleichheit beim Bezug der gesetzlichen Rente auf der Ungleichheit des Arbeitseinkommens zwischen Frauen und Männern. Hier offenbart die Studie ein interessantes Detail: Die Kluft – oder die dann im Alter vorhandene Lücke – ist nicht zu Beginn des Berufslebens schon da, sie ist also keineswegs vorgegeben. Die Schere öffnet sich vielmehr erst ab einem Arbeitsalter von etwa 35 Jahren, kurz: Was vom Gender-Pay-Gap, der Bezahlungslücke bereits bekannt ist, gilt ebenso für das Entstehen der Rentenlücke. "Zu der Zeit um die 35 Jahre beobachten wir auch den sogenannten Gender-Pay-Gap. Die Vermutung liegt sehr nahe, dass das an der Gründung einer Familie liegt", sagt Professorin Niessen-Ruenzi.
Denn zum Zeitpunkt der Gründung einer Familie zwischen zwei Partnern unterschiedlichen Geschlechtes sind es nach wie vor meistens die Frauen, die entweder aus der Berufstätigkeit ausscheiden oder drastisch ihre Stundenzahl reduzieren. "Und das kann man dann eben entsprechend auch an den erworbenen Rentenansprüchen ablesen."
In der Fachliteratur der Soziologie spricht man im Zusammenhang mit der auf diese Weise entstehenden Ungleichheit auch von "Motherhood-Penalty" – also der Strafe der Mutterschaft. Umgekehrt zeigt die Studie auch, dass bei kinderlosen Frauen die Rentenlücke deutlich kleiner ausfällt als bei Müttern.
Gegensteuern durch Frauenförderung
Die Studie sei die bislang umfangreichste, die es in der Frage der Rentenlücke zwischen den Geschlechtern bislang gibt, sagen die Autoren. Zur Grundlage ihrer Arbeit haben sie Daten des IAB genommen, also des Forschungsinstitutes der Bundesagentur für Arbeit. In die Analyse eingeflossen sind Gehälter und Rentenbezüge von insgesamt rund 1,8 Millionen Frauen und Männern.
Um die Lücke zu überwinden, oder zumindest zu verkleinern, schlagen die Forscher zwei Wege vor. "Man könnte auf der einen Seite versuchen, Frauen zu fördern, die Berufsleben und Familie vereinen wollen. Da sprechen wir von Dingen wie Kinderbetreuung", sagt Niessen-Ruenzi. "Auf der anderen Seite könnte man auch überlegen, von staatlicher Seite aus die private Vorsorge bei Frauen mehr zu fördern." Letzteres käme tendenziell der Auftraggeberin der Studie zu Gute: Fidelity International - eine Fondsgesellschaft, die auch Altersvorsorgelösungen anbietet.