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Fossiles Vermögen bald wertlos?

Hannah Fuchs25. Dezember 2014

Banker und Investoren haben Sorge, ob es sich noch lohnt, ihr Kapital in fossile Brennstoffe zu stecken. Denn - im Falle neuer Klimaschutzbestimmungen - könnte das kostbare Gut auf ewig in der Erde festsitzen.

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Braunkohlebagger fördern im Tagebau Garzweiler (Nordrhein-Westfalen) Kohle (Foto: Federico Gambarini/dpa).
Ob sich die Investition in Braunkohle Steinkohle, Torf, Erdgas oder Erdöl bald noch lohnt, sorgt gerade für DiskussionsstoffBild: picture-alliance/dpa

Es begann mit einem Brief des Gouverneurs der Bank of England, Mark Carney, den er Ende Oktober 2014 an die britischen Parlamentsabgeordneten richtete. Genauer: an den Umweltprüfungsausschuss. Darin beschrieb er das Szenario eine internen Debatte der Banker darüber, dass Kohle-, Öl- und Gasreserven der fossilen Brennstoffindustrie - im wahrsten Sinne - in Zukunft nicht mehr verfeuerbar seien.

Und diese Sorge kommt nicht von ungefähr, denn die Verbrennung fossiler Energieträger pustet Unmengen klimaschädlicher Treibhausgase in die Atmosphäre. Carneys Gedankengang: Wenn die globale Erwärmung bewältigt werden soll - und damit Klimakatastrophen abgewendet - müssten solche Energiereserven schlichtweg dort bleiben, wo sie sind - unter der Erde. Sie wären dann quasi eingefrorene Finanzanlagen, von denen ihre Anleger allerdings nichts mehr hätten.

Verwundbares Vermögen

"Vor dem Hintergrund dieser Diskussion werden wir unsere Untersuchung vertiefen", schreibt Carney weiter. Eine Spezialeinheit der Bank of England, die sich mit der Risikoidentifizierung und -reduzierung im Finanzsektor beschäftigt, nimmt sich dieser Prognose nun an.

Auch Joan Walley, Mitglied des Prüfungsausschusses beim britischen Parlament, sagte gegenüber der Londoner Financial Times, dass Investoren sehr gut prüfen sollten, welche Auswirkungen zukünftige Abkommen gegen den Klimawandel auf ihre fossilen Anlagen haben könnten.

"Den politischen Entscheidungsträgern und Zentralbanken wird nun bewusst, dass ein Großteil der weltweiten Öl-, Kohle- und Gasreserven in der Erde bleiben muss, wenn CCS-Technologien nicht schneller entwickelt werden", sagte Walley. Gleichwohl ist diese Abscheidung und Einlagerung von Kohlendioxid im Boden eine umstrittene Alternative.

Infografik CO2-Abscheidung und Ablagerung (Grafik: DW).

Den fossilen Energieträgern gehen allmählich die großen Investoren aus - ein Trend, der gerade auf dem Vormarsch ist: Denn globale Finanzgiganten zögern mit weiteren Einlagen. "Der Klimawandel bedroht Vermögen", sagte Georg Kell, Direktor von UN Global Compact, erst vor kurzem im DW-Interview. Zum ersten Mal würden Investoren begreifen, dass die Wertentwicklung ihrer Anlagen bedroht ist. Ein anderes Beispiel ist der deutsche Energiekonzern Eon, der sich entschloss, in Zukunft ausschließlich auf erneuerbare Energien zu setzen.

Carbon Tracker, eine von Finanzanalysten gegründete Londoner Nichtregierungsorganisation, sieht den Schritt der Bank of England - das Öffentlichmachen der Risiken - als wichtigen Maßstab für alle Banken und Finanzbehörden. Dies könne zu einem wichtigen Umdenken führen, so die NGO.

"Momentan ein unwahrscheinliches Szenario"

Esther Chrischilles vom Institut der Deutschen Wirtschaft hält es aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenfalls für ratsam, dass sich Energiefirmen mit den regulatorischen Risiken auseinandersetzen und sich - wie Eon - klimaneutral ausrichten. "In naher Zukunft halte ich das Risiko, dass fossile Brennstoffe aufgrund von Klimaschutzresolutionen in der Erde bleiben müssen, allerdings für sehr beherrschbar", so die Expertin für Klimaschutz und Klimaanpassung weiter.

Klimaschutzabkommen seien das eine, aber eine weltweite Klimaschutz-Revolution ist aus ihrer Sicht politisch wie ökonomisch momentan nicht realistisch. "Zudem wäre der wirtschaftliche Schaden, der durch den Vertrauensverlust in die Beständigkeit wirtschaftspolitischer Entscheidungen entstünde, wohl weitaus höher", so Chrischilles.

Fossile Energieträger haben ihrer Meinung nach lange nicht ausgedient. Die zentrale Wachstumsdynamik liege derzeit besonders in den Schwellen- oder Entwicklungsländern. "Gerade hier sind absolute Emissionsreduktionen aber nur schwer durchsetzbar", sagt die Energieexpertin. Von einem radikalen Kurswechsel könne man dort derzeit nicht ausgehen.

Die fossilen Vermögen waren aber auch bei den globalen Klimaverhandlungen in Lima ein Thema. Christiana Figueres, Leiterin des UN-Klimasekretariats, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass das langfristige Ziel der Verhandlungen die Beseitigung aller Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2100 ist.

Ein Ziel, das nicht erreicht werden kann - es sei denn, ein Großteil der fossilen Brennstoffe bliebe im Boden. "Wir können uns einfach nicht leisten, sie zu verbrennen", so Figueres.